Wahlrecht:Ampel will Bundestag deutlich verkleinern

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Nach jeder Wahl muss im Plenum die Zahl der Stühle geändert werden. Das soll aufhören. (Foto: Chris Emil Janssen/imago images/Chris Emil Janßen)

Die Koalition einigt sich auf einen Gesetzentwurf: Statt bisher 736 Abgeordneter soll es künftig nur noch 598 geben.

Von Robert Roßmann, Berlin

Die Ampelkoalition hat sich auf eine Reform des Wahlrechts verständigt, mit der der Bundestag auf 598 Abgeordnete verkleinert werden soll. Derzeit gibt es 736 Abgeordnete. Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP wollen an diesem Montag einen entsprechenden Gesetzentwurf vorstellen. Er liegt der Süddeutschen Zeitung bereits vor.

In den vergangenen zwanzig Jahren ist der Bundestag immer größer geworden. Das lag an den Überhang- und Ausgleichsmandaten. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate gewinnt als ihr Sitze nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Damit die anderen Parteien dadurch nicht benachteiligt werden, gibt es seit der Bundestagswahl 2013 auch Ausgleichsmandate.

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Der Gesetzentwurf der Ampelfraktionen sieht nun einen radikalen Schnitt vor. Es soll künftig keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr geben. Dadurch wird der Bundestag immer seine Normgröße von 598 Abgeordneten haben. Dadurch kann es aber passieren, dass ein Kandidat, der die meisten Stimmen in einem Wahlkreis erzielt, trotzdem nicht in den Bundestag einziehen darf.

Ein Beispiel: Wenn die CSU in Bayern alle 46 Direktmandate gewinnen würde, nach ihrem Zweitstimmenergebnis aber lediglich Anspruch auf 41 Sitze im Bundestag hätte, würden die fünf Wahlkreissieger mit dem niedrigsten Erststimmenergebnis kein Bundestagsmandat bekommen.

Die Zahl der Bundestagswahlkreise in Deutschland - es sind derzeit 299 - soll dagegen nicht verändert werden. Dadurch wird ein komplizierter Neuzuschnitt der Wahlkreise vermieden. Auch die sogenannte Grundmandatsklausel soll erhalten bleiben. Sie sieht vor, dass eine Partei, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitert, aber mindestens drei Direktmandate gewinnt, trotzdem entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einziehen darf. Von dieser Regelung hat bei der vergangenen Bundestagswahl die Linke profitiert. Auch wenn es in der Ampelkoalition niemand offen ausspricht: Durch den Erhalt dieser Ausnahmeregelung will sich die Ampelkoalition die Zustimmung der Linken zu dem neuen Wahlrecht sichern.

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Die Vorsitzenden der drei Ampelfraktionen bemühen sich aber auch um eine Verständigung mit CDU und CSU. Am Sonntag schickten sie deshalb ihren Gesetzentwurf an Unionsfraktionschef Friedrich Merz und boten Gespräche an. Vor allem die CSU hat sich bisher vehement gegen eine Regelung gewehrt, wie sie jetzt von der Ampel angestrebt wird. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nannte sie sogar verfassungswidrig.

Allerdings gab es eine vergleichbare Regelung eine Zeit lang auch im bayerischen Landtagswahlrecht. Außerdem werden inzwischen viele Wahlkreise mit niedrigen Ergebnissen gewonnen. Bei der vergangenen Bundestagswahl gab es mehr als 80 Wahlkreise, in denen der Sieger nicht einmal auf 30 Prozent kam. Ein Wahlkreis wurde sogar mit 18,6 Prozent gewonnen.

Um die Bedeutung der jeweiligen Stimmen klarer zu machen, beabsichtigt die Koalition jetzt auch Namensänderungen. Die Erststimme soll künftig "Wahlkreisstimme" heißen - und die Zweitstimme "Hauptstimme".

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