Wahlrecht:Weg mit den Barrieren

Es gibt ein Grundmisstrauen gegen ein Wahlrecht von Menschen mit Behinderung. Ihr Betreuer könnte sie, so heißt es, beeinflussen. Diese Gefahr besteht freilich bei jeglicher Briefwahl. Demokratie beginnt aber mit Vertrauen, nicht mit Misstrauen.

Von Heribert Prantl

Inklusion ist ein Modewort geworden. Es geht hier aber nicht um Modisches, sondern um Demokratisches: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden; so sagt es das Grundgesetz. Inklusion bedeutet den Abbau von Barrieren. Das meint nicht nur Auffahrtsrampen zu Gebäuden, nicht nur Einsteigehilfen für Busse und Bahnen. Das meint den Zugang zur Gesellschaft insgesamt. Inklusion ist ein demokratisches Prinzip. Es war daher höchste Zeit, dass das Bundesverfassungsgericht den Ausschluss von Menschen mit Behinderungen vom Wahlrecht aufgehoben hat.

Menschen mit Behinderung, die deswegen unter umfassender Betreuung stehen, sind Bürger. Sie dürfen nicht entbürgert werden. Bisher war das fehlende Wahlrecht für sie eine unüberwindbare Barriere. Die Richter haben die Barriere weggeräumt. Zu Recht. Demokratie heißt nämlich: Alle sollen mitbestimmen - Junge und Alte, Alt- und Neubürger, Menschen mit und ohne Behinderungen.

Es gibt indes ein Grundmisstrauen gegen ein Wahlrecht von Menschen mit Behinderungen. Ihr Betreuer könnte sie, so heißt es, bei der Wahlentscheidung beeinflussen oder den Wahlakt selbst in die Hand nehmen. Diese Gefahr besteht freilich bei jeglicher Briefwahl. Demokratie beginnt aber mit Vertrauen, nicht mit Misstrauen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: