Wahlrecht:Habecks Honig

Der Grünen-Chef umgarnt die Jugend zu sehr.

Von Constanze von Bullion

Wählen gehen ab 16 Jahren, schon bei der nächsten Bundestagswahl, das klingt wohl verlockend in jugendlichen Ohren. Noch besser hört sich der Vorschlag an, wenn er mit einer Verneigung daherkommt. Die junge Generation habe sich in der Corona-Krise "absolut vorbildlich" verhalten und den Älteren so viel Solidarität entgegengebracht, dass das Wahlalter generell auf 16 Jahre zu senken sei, als Anerkennung für so viel Reife, hat Grünen-Chef Robert Habeck gefordert. Etwas weniger Honig um die Mäuler junger Leute hätte es auch getan.

Richtig ist, dass viele Jugendliche sich mit großem Ernst und erstaunlichem Verantwortungsbewusstsein durch die Corona-Krise kämpfen. In einem Alter, in dem die wilden Jahre beginnen sollten, wird Disziplin im Home-Office geübt, für alte Nachbarn eingekauft oder aufs Feiern verzichtet. Das ist hart, und es verdient Respekt. Da hat Habeck recht.

Ein Blick in Schulen und Parks zeigt aber auch, dass eine wachsende Zahl junger Leute sich nicht mehr schert um Abstandsregeln oder Rücksichtnahme. Ein klares Wort von Habeck hätte hier nicht geschadet. Statt die Wähler von morgen zu umschwänzeln mit Forderungen wie nach Senkung des Wahlalters, sollten die Grünen junge Leute ernst nehmen. Dazu gehört es, auch mal ein Stoppschild hochzuhalten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: