Süddeutsche Zeitung

Wahlniederlage von Gabriele Pauli:Besonnen schlägt schillernd

  • Mit 45,0 zu 55,0 Prozent der Stimmen unterliegt die ehemalige Fürther Landrätin Gabriele Pauli bei der Bürgermeisterwahl in der Gemeinde Sylt gegen Nikolas Häckel.
  • Häckel blieb im Wahlkampf fast demonstrativ besonnen. "Ich habe nicht geträumt, wie andere Kandidaten geträumt haben", sagt er nach seinem Sieg über die bisweilen schillernde Kontrahentin.
  • Pauli möchte sich nun weiter in Sylt einbringen und unter anderem eine Stiftung für eine neue Geburtshilfestation unterstützen.

Von Thomas Hahn, Westerland

Gabriele Pauli ist gleich zur Stelle gewesen, als ihre Niederlage bei der Stichwahl um den Sylter Bürgermeister-Posten feststand. Im Kongresszentrum von Westerland hatte sie Auszählung um Auszählung feststellen müssen, dass sie in der Gunst der Sylter hinter ihrem Mitbewerber Nikolas Häckel lag. Keinen der neun Wahlbezirke konnte sie für sich entscheiden.

Noch bevor das endgültige Ergebnis auf der großen Informations-Leinwand erschien, war klar, dass die Polit-Prominente und frühere CSU-Rebellin Pauli gegen den eher unbekannten Kronshagener Bauamtsleiter Nikolas Häckel, 40, keine Chance hatte. Und als Häckel schließlich den Applaus des Siegers empfing und die Kameralichter auf ihn fielen, war Gabriele Pauli sofort da. Sie gratulierte, und über das Saalmikrofon rief sie den Syltern zu: "Sie haben einen guten Bürgermeister gewählt."

55,0 zu 45,0 für Häckel

Es ist ein klares Ergebnis für den nicht sehr schillernden Häckel geworden. Mit 55,0 zu 45,0 Prozent der Wählerstimmen bei einer Wahlbeteiligung von 52,2 Prozent und 12749 Wahlberechtigten gewann er. Und man hat nach der Wahl gar nicht so genau gewusst, ob das nun eine Überraschung war oder eher doch keine. Natürlich, Gabriele Pauli hatte die Medien auf ihrer Seite. Ihre Prominenz verhalf ihr zu einer PR, die keiner der ursprünglich sechs Kandidaten aufbringen konnte.

Prompt vereinte sie beim ersten Wahlgang am 14. Dezember die meisten Stimmen auf sich. Und auf Erfahrung als Verwalterin konnte sie auch verweisen, was sie auch gerne immer wieder tat: Bis 2008 war Gabriele Pauli, 57, 18 Jahre Landrätin in Fürth.

Andererseits vermissten die Sylter bei Gabriele Pauli vielleicht auch manchmal jene Sachlichkeit, die es braucht, um die Probleme auf Deutschlands berühmtester Ferieninsel anzupacken. Viele Sylter fühlen sich auf ihrer eigenen Insel zusehends an den Rand gedrängt. Die Raumnot ist groß, die Preise sind hoch, die Geburtshilfestation gibt es nicht mehr, viele ziehen weg.

Gabriele Pauli fragte fleißig die Sorgen der Sylter ab, sie war gut informiert und brachte rührige Ideen ein wie eine Stiftung für eine neue Geburtshilfestation. Aber sie erlaubte sich auch ein paar Momente, die auf manche Einheimische etwas zu schillernd gewirkt haben könnten. Sie regte zum Beispiel eine Prämie von 5000 Euro an für Insulaner, die ein Kind zur Welt bringen.

Und der bisherigen Bürgermeisterin Petra Reiber, die am 30. April nach 24 Jahren im Amt verabschiedet wird, kam es bisweilen so vor, als unterschätze Gabriele Pauli die Aufgabe. Bei manchen Ausführungen der Bewerberin, dachte sich Petra Reiber: "Habe ich die ganzen Jahre geschlafen?"

Nikolas Häckel, den SPD und Sylter Wählergemeinschaft im Wahlkampf unterstützten, steht für die Nüchternheit eines tätigen Gemeindedieners. Mutig verwaltete die parteilose Pauli in den vergangenen Wochen Ideen, die sie als hauptamtliche Bürgermeisterin ohne Stimme in der Gemeindevertretung gar nicht selbst hätte durchsetzen können. Sie präsentierte neue Sylter Nummernschilder und tanzte an Silvester mit Flüchtlingen.

"Ich habe nicht geträumt, wie andere Kandidaten geträumt haben"

Häckel hingegen blieb ruhig und fast demonstrativ besonnen. "Ich habe nicht geträumt, wie andere Kandidaten geträumt haben", sagte er nach seinem Sieg, "ich habe versucht Realpolitik zu machen, die Themen anzusprechen, die an uns herangetragen werden." Außerdem verbindet Häckel Lokalkolorit und Kompetenz von außen. Häckel ist auf Sylt geboren, und bevor er 2003 als Bauamtsleiter nach Kronshagen wechselte, hatte er verschiedene Verwaltungsjobs auf Sylt.

Es liegt also durchaus auch eine gewisse Logik in Häckels Wahl, der dann im Grunde auch gleich loslegen wollte nach dem ganzen Wahlkampfgewitter. "In den letzten Wochen haben wir viel geredet, jetzt geht es darum zu arbeiten", sagte er.

Und Gabriele Pauli? Die fand ihr Ergebnis gar nicht so schlecht. "Ein beachtlicher Anteil von Syltern ist hinter mir gestanden", sagte sie. Sie habe auch ohne Wahlsieg gewonnen: Erfahrungen, Kontakte. Sie erzählte etwas nebulös von einem beruflichen "Projekt", das sie demnächst unter anderem ins Ausland führen werde.

Aber sie sagte auch: "Ich bringe mich weiter in Sylt ein, wenn gewünscht." Sie würde gerne die Stiftung für eine neue Geburtshilfestation unterstützen und eine Frauen-Versammlung etablieren, die sie im Wahlkampf abgehalten hatte. Gabriele Pauli mag nicht so schnell lassen von der Insel, auf der sie ihr politisches Comeback gab.

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