Wahlkampfspenden in den USA:Wettrüsten der Milliardäre

Farallon Capital Management Founder Tom Steyer Interview

Milliardär und Klimaschützer: Tom Steyer.

(Foto: Bloomberg)

Wenn reiche Männer ihr Geld in den US-Wahlkampf pumpen, profitieren meist die Republikaner. Bei Tom Steyer ist das anders. Der Milliardär will den Klimaschutz zum Thema machen - und unterstützt die Demokraten. Die stehen nun als Heuchler da.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Tom Steyer gibt für Demokraten das perfekte Feindbild ab. Seine Hedgefonds-Geschäfte machten den 56-Jährigen zum Milliardär, nun mischt er mit prallem Geldbeutel in der großen Politik mit. Mindestens Hundert Millionen Dollar möchte Steyer in den anstehenden Kongresswahlkampf pumpen. Wer seine politischen Ziele teilt, kann mit kräftiger Unterstützung rechnen.

"Unmoralisch! Unehrlich! Unamerikanisch!" So schimpfen die Demokraten, wenn konservative Großspender ihr Scheckbuch für die Republikaner zücken. Doch in diesem Fall ist aus dem liberalen Lager kein Aufschrei, sondern nur Jubel zu hören. Denn Steyer geht es nicht um die Deregulierung der Finanzmärkte oder Steuersenkungen. Mit seiner Initiative "NextGen Climate" will er dem Kampf gegen den Klimawandel neues Leben einhauchen - und davon dürften vor allem Demokraten profitieren.

100 Millionen Dollar - "eigentlich ziemlich wenig"

Mit aller Macht will Steyer die fast vergessene Klimawandel-Debatte wieder ins Zentrum der amerikanischen Aufmerksamkeit rücken. "Dafür sind 100 Millionen Dollar eigentlich ziemlich wenig", erklärte der großzügige Milliardär in einem C-Span-Interview, das am Wochenende ausgestrahlt wird.

In ungefähr acht Rennen wolle er zunächst einsteigen, vor allem dort, wo konservative Klimawandel-Skeptiker antreten oder umstrittene Projekte wie die Keystone-Ölpipeline zwischen Kanada und den USA diskutiert werden.

Wird also Steyer für die Demokraten das, was die Koch-Brüder für die Republikaner sind? Die milliardenschweren New Yorker Industrie-Erben Charles und David Koch unterstützen seit einigen Jahren massiv konservativ-libertäre Kandidaten und Bewegungen. Ihre Interessensgruppe Americans for Prosperity (AFP) kämpft gegen Steuern, Obamas Gesundheitsreform und Beschränkungen der Industrie. Sie hat einen beachtlichen Anteil daran, dass die Republikaner nach rechts gerückt sind.

Retourkutsche für die Kritik am "großen Geld"

Die Interessen der Koch-Brüder, die beispielsweise an Versicherungen und Öl-Unternehmen beteiligt sind, "passten perfekt zu denen ihres Geldbeutels", antwortete Steyer auf die Vorwürfe, sein Engagement diene nur ihm selbst. "Das ist bei uns anders." Diese Aussage wiederum verurteilte ein Koch-Sprecher als "falsch und unredlich" - es gehe den Brüdern ums Prinzip, nicht um eigene Einnahmen.

Die Demokraten thematisierten in den vergangenen Wochen immer wieder die Nähe der Republikaner zu "Big Money", also den Lobbyisten und Großspendern aus der Wirtschaft. Nun erhalten sie die Retourkutsche.

So wetterte die konservative Washington-Post-Kolumnistin Jennifer Rubin: "Die Demokraten erhalten Geld von den liberalen Eliten in Hollywood, Manhattan und dem Silicon Valley, die Marihuana und die Homosexuellen-Ehe legalisieren und den Benzin-Motor abschaffen wollen." Es sei deshalb eine "bemerkenswerte Heuchelei", die Kochs zu kritisieren und gleichzeitig selbst von anderen Milliardären Geld zu nehmen. Die konservative Einflussgruppe "American Commitment" hat eine Kampagne gestartet, in der von der "Steyer-Infektion" der Demokraten die Rede ist.

Die Demokraten finden sich mit dem Wettrüsten ab

Auch Steyers Initiativen haben in der Vergangenheit Werbekampagnen zur Diskreditierung politischer Gegner gestartet. In der kommenden Woche trifft sich der in San Francisco lebende Milliardär hinter verschlossenen Türen mit anderen wohlhabenden Demokraten, um die Strategie für den Kongresswahlkampf im Herbst und vor der Präsidentschaftswahl 2016 zu besprechen.

Die Reform der Parteienfinanzierung dürfte ihnen dabei kaum am Herzen liegen. Dabei kippte der Supreme Court jüngst ein weiteres Spenden-Limit, Beobachter fürchten einen Domino-Effekt, der am Ende fast jede Form der Beschränkung hinwegfegt und die Politik noch mehr in Abhängigkeit von einzelnen Großspendern drängt.

Die traditionell liberale New York Times warnte deshalb, dass auch Milliardäre wie Steyer dem politischen System schadeten, trotz ihres womöglich hehren Anliegens: "Das große Geld verpestet die Politik, ob es von den Koch-Brüdern (...) oder von Mr. Steyer und seinen liberalen Freunden kommt."

Aus den Reihen der Demokraten sind solche Worte bislang nicht zu hören.

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