Wahlkampfauftritte in Deutschland:Türkische Politiker können sich bei Wahlkampf-Absagen nicht auf Grundrechte berufen

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Der türkische Außenministers Çavuşoğlu sprach am 7. März in Hamburg. (Foto: dpa)
  • Türkische Politiker, die Wahlkampfauftritte in Deutschland erzwingen wollen, können sich dazu nicht auf ihre Grundrechte berufen.
  • So schreibt es das Bundesverfassungsgericht in einem Beschluss.
  • Zur Begründung gibt es an, dass die Entscheidung darüber der Bundesregierung obliege, weil sie außenpolitischer Natur sei.

Im Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland meldet sich das Bundesverfassungsgericht zu Wort. Nach den Absagen mehrerer solcher Auftritte hatten sich türkische Politiker immer wieder auf das Recht auf Meinungsfreiheit berufen.

Aus einem Beschluss vom 8. März, den das oberste deutsche Gericht nun veröffentlichte, geht hervor, dass solche Begründungen in diesen Fällen juristisch wohl nicht haltbar sind. "Soweit ausländische Staatsoberhäupter oder Mitglieder ausländischer Regierungen in amtlicher Eigenschaft und unter Inanspruchnahme ihrer Amtsautorität in Deutschland auftreten, können sie sich nicht auf Grundrechte berufen", heißt es in dem Beschluss.

Zur Begründung heißt es: Wenn solche Auftritte abgesagt würden, handle es sich schließlich "nicht um eine Entscheidung eines deutschen Hoheitsträgers gegenüber einem ausländischen Bürger". Vielmehr seien die Absagen von Wahlkampfauftritten Entscheidungen, "im Bereich der Außenpolitik". Die deutsche und die türkische Regierung begegneten sich folglich "auf der Grundlage des Prinzips der souveränen Gleichheit der Staaten".

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Ähnlich verhält es sich dem Bundesverfassungsgericht zufolge mit der Einreise türkischer Regierungspolitiker nach Deutschland. Nachdem einige Wahlkampfauftritte von deutschen kommunalen Behörden abgesagt worden waren, hatten sowohl der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan als auch der türkische Außenminister nahegelegt, sie ließen sich beim Versuch, nach Deutschland zu kommen, nicht von der Bundesregierung aufhalten.

Die Richter stellen nun klar, dass die Bundesregierung sehr wohl über diese Möglichkeit verfügt. Sie schreiben: "Staatsoberhäupter und Mitglieder ausländischer Regierungen [haben] weder von Verfassungs wegen noch nach einer allgemeinen Regel des Völkerrechts einen Anspruch auf Einreise in das Bundesgebiet und die Ausübung amtlicher Funktionen in Deutschland."

Die Passagen finden sich in einem Beschluss, in dem das Gericht mitteilt, dass es die Verfassungsbeschwerde eines deutschen Bürgers gegen einen Wahlkampfauftritt des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yıldırım nicht annimmt. Yıldırım war am 18. Februar 2017 in Oberhausen aufgetreten und hatte dort für Jastimmen beim Verfassungsreferendum in der Türkei geworben, welches die Macht von Präsident Erdoğan ausbauen soll. Die Beschwerde sei unzulässig, weil der Beschwerdeführer nicht hinreichend dargelegt habe, dass er selbst von diesem Auftritt oder seinen Auswirkungen betroffen sei.

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