Wahlkampfabschluss:Alles auf Angriff

Im Wahlkampfendspurt: FDP-Chef Westerwelle gibt sich siegessicher, Kanzlerin Merkel wettert gegen die SPD - und Kanzlerkandidat Steinmeier warnt vor Schwarz-Gelb.

Guido Westerwelle hat sich beim offiziellen Abschluss des Wahlkampfs der Liberalen an diesem Samstag siegessicher gezeigt. Die FDP befände sich in den "letzten Stunden der Opposition", sagte der FDP-Chef in Köln. Mit der Bundestagswahl werde eine Politik beendet, "die mit immer höheren Steuern und Abgaben, mit immer mehr Bürokratie das Leben der Bürger unbezahlbar" gemacht habe.

Guido Westerwelle, Reuters

Siegessicher: Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle.

(Foto: Foto: Reuters)

Einer Ampel-Koalition mit SPD und Grünen erteilte Westerwelle erneut eine klare Absage. "Kein Ministerposten ist so schön, dass wir bereit sind, das Wort, das wir vor der Wahl gegeben haben, zu brechen."

Für den Fall einer Regierungsbeteiligung kündigte Westerwelle weitreichende Maßnahmen an. Die FDP werde den Sozialstaat neu aufstellen. "Wir wollen nicht länger zulassen, dass die, die arbeiten, die Deppen der Nation sind." Der Leistungsgedanke müsse wieder zählen. Neben der Entlastung des Mittelstandes und einem bundesweiten Stipendiensystem sollten auch die Bürgerrechte gestärkt werden. Letztere seien in den vergangenen Jahren erheblich abgebaut worden. Eine linksgerichtete Mehrheit bezeichnete Westerwelle als die "falsche Mehrheit".

Merkels Appell

Die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel rief bei ihrem Auftritt an diesem Samstag in Berlin ihre Anhänger zu einem Wahlkampf bis zur letzten Minute auf. "Es lohnt sich, heute noch bis in die späten Abendstunden mit jedem Nachbarn und Freund noch ein Wort zu reden", sagte Merkel in Berlin. Wie die anderen Parteien hatte die Union ihre Anhänger zu einer Abschlusskundgebung gerufen.

Attacken gegen die SPD

In ihrer halbstündigen Rede vor rund 2500 CDU-Anhängern attackierte Merkel zugleich die SPD. Die Sozialdemokraten wüssten weder aus noch ein und hofften, dass FDP-Chef Guido Westerwelle sein Wort breche, keine "Ampel"-Koalition einzugehen. Andere setzten auf eine große Koalition, Dritte wiederum träumten unverhohlen von einer "Vereinigung" von SPD und Linker. "Stabilität gibt es nur mit einer starken Union in einer Koalition mit der FDP", betonte Merkel. Nur in einer solchen Konstellation könne Deutschland schneller aus der Krise kommen. Die CDU-Chefin appellierte zugleich an die Bürger, wählen zu gehen. Das Wahlrecht sei ein "wunderbares Recht".

In einem Grußwort an die CSU-Abschlussveranstaltung in München sagte Merkel, es komme am Sonntag auf jede Stimme an. Die Bewältigung der Wirtschaftskrise gelinge nur mit einer starken Union. Die Gemeinsamkeit von CDU und CSU bezeichnete Merkel als "Glücksfall für Deutschland".

"Eine erstklassige Kanzlerin"

Im Gegenzug sicherte CSU-Chef Horst Seehofer vom Münchner Marienplatz aus Merkel seine uneingeschränkte Unterstützung für die Bundestagswahl und darüber hinaus zu. Seehofer sagte in einem Grußwort nach Berlin: "Deutschland braucht deine Führungskraft, braucht die Führungskraft der Bundeskanzlerin Angela Merkel".

Die Kanzlerin könne sich auf ein "Höchstmaß" an Unterstützung bei der Wahl und die Zeit danach verlassen. "Wir haben eine erstklassige Kanzlerin national und international. Wir wollen, dass die Kanzlerin der nächsten vier Jahre Angela Merkel heißt."

"Schwarz-Gelb ist der Rückweg in die 90er Jahre"

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier hält den Ausgang der Bundestagswahl an diesem Sonntag für völlig offen. "Das Wahlergebnis wird ein ganz anderes sein, als es vor Wochen vorhergesagt wurde", sagte Steinmeier am Samstag auf einer Kundgebung in Dresden. Er sehe eine starke SPD, die sich ihre Moral nicht habe rauben lassen. "Die Union fällt in sich zusammen wie ein nasser Karton." Steinmeier rief seine Anhänger auf, "den fulminanten Wahlkampf" bis zur letzten Sekunde vor Schließung der Wahllokale fortzusetzen.

Vor allem seit dem TV-Duell zwischen ihm und Merkel vor zwei Wochen sei bei der Union die Nervosität "von Tag zu Tag" gestiegen, sagte Steinmeier. In seiner einstündigen Rede warf er zugleich der Union fehlende Konzepte für die Zukunft vor. "Wer nicht gestalten will, der muss auch nicht regieren wollen", so Steinmeiers Fazit. "Schwarz-Gelb muss verhindert werden."

Ein solches Bündnis bedeute Rückschritt. "Schwarz-Gelb ist der Rückweg in die 90er Jahre. Das sind Steuersenkungen für wenige und das ist sozialer Kahlschlag für viele. Das müssen wir verhindern", sagte Steinmeier.

Knappes Rennen

Die meisten Institute erwarteten zuletzt eine knappe Mehrheit für ein Bündnis von Union und FDP. Die SPD mit ihrem Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier kann darauf hoffen, sich nochmals als Juniorpartner in eine große Koalition zu retten. Alle anderen Bündnis-Varianten gelten als wenig wahrscheinlich.

Entscheidend könnten die Überhangmandate werden: Im Extremfall könnten Union und FDP selbst 45 Prozent der Stimmen reichen, um eine Mehrheit zu bekommen. Überhangmandate gibt es dann, wenn eine Partei in einem Bundesland direkt in den Wahlkreisen mehr Mandate gewinnt als ihr nach den Zweitstimmen zustehen. Davon könnte diesmal vor allem die CDU profitieren.

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