Wahlkampf um Präsidentschaft:Die österreichische Farce

Stramm rechts: Barbara Rosenkranz hofft bei der österreichischen Präsidentschaftswahl an diesem Sonntag auf mehr als 20 Prozent. Über einen skurrilen Wahlkampf - und die Folgen für die politische Kultur.

Peter Lindner

Selbst bei den Rechten steht sie rechts außen. Doch im Wahlkampf um die österreichische Präsidentschaft gibt sich Barbara Rosenkranz gern bürgerlich: Die zehnfache Mutter von der rechtspopulistischen FPÖ macht auf Mutter der Nation mit "Mut zur Heimat".

Umstritten: Barbara Rosenkranz FPÖ dpa

Umstritten: Barbara Rosenkranz

(Foto: Foto: dpa)

Wie mutig Rosenkranz und Rudolf Gehring, der ultrafromme Kandidat der Christenpartei, ihre teils kruden Thesen auch immer unters Volk streuen: Mit dem Amtsinhaber Heinz Fischer, der in Umfragen bei deutlich über 70 Prozent liegt, steht der Sieger so gut wie fest.

Und die Verlierer in diesem kuriosen Wahlkampf auch: Nein, nicht seine beiden Konkurrenten, sondern die Konservativen und die politische Kultur.

Eine Frage des Geldes

Demokratiepolitisch aussagekräftig bei einer Wahl ist, wer antritt. Aber auch: wer nicht. Sowohl die österreichischen Grünen als auch die Konservativen von der ÖVP verzichten bei der Wahl an diesem Sonntag auf einen eigenen Kandidaten - wegen der geringen Erfolgsaussichten sowie wegen des Geldes: Kampagnen sind teuer und die Wahlkampfkosten werden nicht zurückerstattet.

Der österreichische Politikprofessor Peter Filzmaier hält es grundsätzlich für "legitim", wenn eine im Parlament vertretene Partei einmal keinen eigenen Kandidaten benennt. Problematisch dagegen ist, wenn ihr im Wahlkampf eine klare Linie fehlt.

Chaos bei den Konservativen

Die Grünen trifft dieser Vorwurf nicht. Sie haben eine Wahlempfehlung für Fischer ausgesprochen - aus "staatspolitischer Verantwortung" und als Zeichen "gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit".

Die Konservativen dagegen irrlichtern: Einige empfehlen "Weiß zu wählen" - also keinen Kandidaten anzukreuzen. Andere sprechen sich für den Amtsinhaber aus, Einzelne sogar für die rechte Rosenkranz. Und wieder andere schweigen schlichtweg.

Politologe Filzmaier warnt vor den Folgen dieser "völlig verunglückten Kommunikation" bei der ÖVP: Vor allem die Empfehlung, einen ungültigen Stimmzettel abzugeben, "könnte ungewollt zu einer Nichtwahl-Kampagne werden".

Denn wer keinen der drei Kandidaten wählen will oder sollte, wird - anstatt einen weißen Zettel abzugeben - womöglich gleich zu Hause bleiben. Filzmaier hält es deshalb auch für wahrscheinlich, dass sich so wenige Menschen wie noch nie in der zweiten Republik an der Präsidentschaftswahl beteiligen.

Mit ihrem Kurs schaden die Konservativen sich somit nicht nur selbst, sondern auch der Demokratie.

"Es kann ja nicht jeder Kevin heißen"

Als Gefahr für die Demokratie sehen viele Österreicher auch Rosenkranz an. Sie könnte einen Achtungserfolg erringen. Doch wer ist diese Frau, an der sich so scharfe Kritik entzündet?

Lesen Sie auf Seite zwei, warum Barbara Rosenkranz so umstritten ist - und welches "Demokratiequalitätsproblem" Politologe Filzmaier sieht.

Die Welt der Barbara Rosenkranz

Seit mehr als zwanzig Jahren engagiert sich Rosenkranz intensiv in der Politik, dennoch bezeichnet sich die 51-Jährige selbst lieber als "Hausfrau".

Wahlkampf um Präsidentschaft: Heinz Fischer, der SPÖ-Mann in der Wiener Hofburg: Seine Parteimitgliedschaft ruht jedoch seit seinem Amtsantritt 2004.

Heinz Fischer, der SPÖ-Mann in der Wiener Hofburg: Seine Parteimitgliedschaft ruht jedoch seit seinem Amtsantritt 2004.

(Foto: Foto: Reuters)

Ihre zehn Kinder heißen Hedda, Horst, Arne, Mechthild, Hildrun, Volker, Sonnhild, Alwine, Ute und Wolf. Als sie einmal auf diese auffälligen Namen mit zum Teil altgermanischen Wurzeln und "kämpferischer" Bedeutung angesprochen wurde, antwortete sie: "Es kann ja nicht jeder Kevin heißen."

Ihr Mann Horst Jakob Rosenkranz gilt als Größe in der rechtsextremen Szene und ist Autor und Herausgeber einschlägiger Schriften. Der Verfassungsschutz soll ihn im Visier haben. Familie Rosenkranz hält außerdem ein Haustier: einen Deutschen Schäferhund. Er hört auf den Namen Greif.

Am rechten Rand

Beobachter siedeln Barbara Rosenkranz politisch weit rechts an. Ihre Zweifel am Verbotsgesetz, das jede Betätigung im Sinne des Nationalsozialismus unter Strafe stellt, lösten kürzlich selbst innerhalb ihrer eigenen Partei Wirbel aus. Im Wahlkampf, den mancher Kommentator als "Farce" bezeichnet, sah sich Rosenkranz gezwungen, eine eidesstattliche Erklärung zu ihrer Haltung abzugeben. Darin versichert sie, dass sie die Gräuel der NS-Zeit nicht anzweifle.

Nicht nur viele Österreicher bewerten es als skurril, dass sich in einer Demokratie die Präsidentschaftskandidatin einer im Parlament vertretenen Partei eidesstattlich von der Nazidiktatur distanzieren muss - und nicht von vornherein über den Rechtsextremismusverdacht erhaben ist.

Zu ihrem Geschichtsbild sagte Rosenkranz einmal: Es sei "das eines Österreichers, der zwischen 1964 und 1976 in die Schule gegangen ist". Sie habe nicht die Absicht, daran etwas zu ändern. Zu dieser Zeit war in Schulen von Nazi-Gräueln so gut wie nichts zu hören. Und erst recht nicht von Österreichs Mitverantwortung.

Ob die FPÖ mit der Nominierung Rosenkranz' strategisch klug gehandelt hat, bezweifeln Beobachter: Sie spricht vor allem jene Wähler am äußeren rechten Rand an, die ohnehin FPÖ wählen. Stimmen aus dem konservativen Lager abzuziehen, dürfte ihr wegen ihrer Radikalität nicht gelingen. Auch wenn sich Rosenkranz genau deshalb im Wahlkampf so betont bürgerlich gibt.

Meinungsforscher sagen ihr ein zweistelliges Ergebnis voraus - die von der FPÖ anvisierten 35 Prozent sind wohl eher Wunschdenken. Filzmaier zufolge speist sich ihr Stimmenanteil zum einen aus "sehr weit rechts Stehenden". Der Anteil jener, die von einer extremen politischen Verdrossenheit geprägt sind, sei jedoch deutlich größer und habe ein Potential von mehr als 20 Prozent. Das seien "verfestigte Unzufriedene" - teils auch links der Mitte stehend - die von den Regierenden gar nicht mehr geholt werden könnten. "Das ist natürlich ein Demokratiequalitätsproblem. Und zwar kein kleines."

"Homosexualität ist Verirrung"

Auf diese verfestigt Unzufriedenen schielt wohl auch Kandidat Rudolf Gehring von der weitestgehend unbekannten Christlichen Partei Österreichs (CPÖ). Der Verwaltungsjurist ist vor allem für seine erzkonservativen Ansichten bekannt. Seine Kampagne hat er mit einer Messe in einer Kirche in Wien eröffnet.

Von einem österreichischen Präsidenten erwartet er sich "Warnungen vor islamistischen Tendenzen". Der Niederösterreicher wünscht sich, "dass das Christentum an sich nicht so zurückgedrängt wird" , sieht Homosexualität als "Verirrung" und Kindergärten als Gefahr für die Gehirnentwicklung von Kindern an.

Gehring dürfte das schlechteste Ergebnis der drei Bewerber einfahren. In die Geschichte Österreichs wird er dennoch mit seiner Kandidatur eingehen - wenn auch nur als eine kuriose Fußnote in einem kuriosen Präsidentschaftswahlkampf.

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