Süddeutsche Zeitung

Wahlkampf:Lafontaine wittert "historische Chance"

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Das geplante Linksbündnis komme bei den Wählern an, weil die etablierten Parteien nur noch die Interessen der Wirtschaft verträten, sagt der ehemalige SPD-Chef. Und PDS-Spitzenkandidat Gysi sieht nur mit einem Partner im Westen die Chance, eine Kraft links von der SPD aufzubauen.

Lafontaine schwor beim Parteitag der nordrhein-westfälischen Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) in Köln die Delegierten auf ein Zusammengehen mit der PDS ein. "Das Linksbündnis ist noch nicht entstanden, aber es ist bei den Wählern bereits angekommen", rief Lafontaine den Delegierten unter großem Applaus zu. "Nur wir selbst können uns jetzt noch aufhalten."

Lafontaine wurde von dem Parteitag zum Spitzenkandidaten der NRW- Landesliste für die Bundestagswahl gewählt. Er unterschrieb am Samstag seinen Aufnahmeantrag für die WASG und will künftig deren saarländischem Verband angehören.

Gysi: "Lafontaine ist nur seinen Überzeugungen treu geblieben"

Der wegen des rot-grünen Reformkurses aus der SPD ausgetretene Lafontaine sprach sich für eine sozialere Politik aus: "Hartz IV ist eine Enteignung der älteren Arbeitnehmer." Die im Bundestag vertretenen Parteien würden ihre programmatischen Entwürfe nur noch von den Wirtschaftsverbänden bekommen. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sei nicht sinnvoll: "Wir brauchen ein Steuersystem, das die Wohlhabenden und Reichen stärker zur Kasse bittet."

PDS-Spitzenkandidat Gregor Gysi und Wahlkampfleiter Bodo Ramelow warben beim Wahlkampfauftakt dr Berliner PDS ebenfalls vehement für das geplante Bündnis. Er verteidigte Lafontaine gegen heftige Kritik aus der SPD. Er sei nur seinen Überzeugungen treu geblieben. Die von Bundeskanzler Gerhard Schröders angestrebten Reformen seien dagegen "Ausdruck des neoliberalen Zeitgeists". Dazu biete das Linksbündnis Alternativen an.

PDS hofft auf Wahlerfolge im Westen

"Ost und West gehen zusammen, um diese Gesellschaft wieder anders zu organisieren, sozial gerechter, aber auch ökologischer, feministischer und friedenspolitischer", rief Gysi unter dem Beifall der rund 300 Teilnehmer. Mit ihrer Verankerung nur im Osten bleibe die PDS bei jeder Bundestagswahl in der Ungewissheit, ob sie die Fünf-Prozent-Hürde überspringen könne.

Nach den Worten Ramelows hat der gemeinsame Wahlkampf mit der Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit am Samstag begonnen. Auch die WASG habe das Kooperationsabkommen am Freitag unterzeichnet. Der Sprecher der Wahlinitiative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), Klaus Ernst, dementierte aber die angebliche Unterzeichnung eines Kooperationsabkommens.

Noch keine Entscheidung über Zusammenschluss

Indessen berieten WASG-Landesparteitage das Zusammengehen beider Parteien. Dabei formulierten viele Delegierte auch Bedenken gegen eine Zusammenarbeit mit der ehemaligen SED. Zu der angeblichen Einigung sagte Ernst, es sei nach einem Sondierungsgespräch beider Seiten lediglich ein "Gesprächsprotokoll" unterschrieben worden, das jedoch "kein Vertrag ist und sein kann."

Es handele sich lediglich um eine Absichtserklärung beider Seiten, "möglichst in einem Zeitraum von zwei Jahren eine gemeinsame politische Formation aller Linkskräfte jenseits der SPD" zu realisieren.

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