Wahlkampf in Spanien:Niederlage für den Angreifer

Obwohl sein konservativen Herausforderer Rajoy mit voller Breitseite angegriffen hat, hat Spaniens Regierungschef Zapatero das erste Fernsehduell klar dominiert.

Javier Cáceres

Ausgeruht und entspannt wirkte Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero, als er an diesem Dienstag seinen Wahlkampfauftritt am Sitz der Gewerkschaft UGT in Madrid absolvierte. Das lag zum einen an der vertrauten Atmosphäre unter den Genossen Arbeiterfunktionären.

Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero

So locker war wie sein Krawattenknoten: Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero.

(Foto: Foto: AP)

Er fühle sich in ihrer Runde "so heimisch wie nirgends", sagte er im überfüllten Auditorium. Dass Zapatero so locker war wie sein Krawattenknoten, war aber vor allem auf die Schlagzeilen der Tageszeitungen zurückzuführen. Nahezu alle Blätter gaben auf ihren Titelseiten prominent die Ergebnisse von Blitzumfragen wieder, die den Sozialisten als Sieger des Fernsehduells vom Vorabend mit dem Spitzenkandidaten der konservativen Volkspartei, Mariano Rajoy, sahen. Zwar nur als Punktsieger, aber immerhin als Sieger. Diese Schlacht um die Deutung hatten Wahlexperten im Vorfeld als fast noch wichtiger eingeschätzt als das Duell selbst - obwohl auch dies gleichzeitig als so historisch wie womöglich wahlentscheidend eingestuft worden war.

Erstmals nach 15 Jahren fand ein TV-Duell zwischen den Spitzenkandidaten der Volksparteien statt. Diese liefern sich zurzeit ein Kopf-an-Kopf Rennen. Das löste in Spanien eine kaum zu steigernde Erwartungshaltung aus. Zwar gaben 70 Prozent der Spanier in der jüngsten Umfrage des staatlichen Demoskopie-Instituts CIS an, sich für Politik nur wenig (38,7 Prozent) oder gar nicht (31) zu interessieren. Am Montagabend freilich erbrachten mehr als dreizehn Millionen Spanier eine Zuschauerquote von 59 Prozent - das Champions-League-Spiel AS Rom gegen Real Madrid sahen vergangene Woche nur die Hälfte.

Zumindest in einem Punkt wurden die Zuschauer nicht enttäuscht: Es ging lebhafter und aggressiver zur Sache, als zu vermuten stand. In monatelangen Verhandlungen war ein Korsett aus 50 Rahmenbedingungen gebastelt worden. Das führte dazu, dass die Debatte inhaltlich eine Enttäuschung war. Sie stand ganz im Zeichen der verbalen Rempelei und war eine Fortschreibung der zu Ende gehenden, ruppigen Legislaturperiode.

Niederlage für den Angreifer

"Nicht ein einziges Projekt" habe Rajoy vorgetragen, "nur Kritik, Kritik, Kritik", klagte Zapatero nicht zu Unrecht. Rajoy liegt in den Umfragen leicht hinten und war schon deshalb voll auf Offensive gepolt. Er zieh seinen Rivalen insgesamt zwanzig Mal der Lüge, sprach ihm Nationalstolz ab ("Ein Patriot? Sie?"), ehe er zum Abschluss versuchte, mit einer rührseligen Geschichte von den Zukunftsperspektiven eines imaginären spanischen Mädchens zu punkten.

Der Starmoderator des erzreaktionären Radiosenders Cope, der unter den Sympathisanten der Volkspartei populär ist, konnte diesen triefenden Kitsch anderntags kaum fassen. Ansonsten aber war er - stellvertretend für andere, auch gemäßigte rechte Medien - mit Rajoy überaus zufrieden. Der Herausforderer hatte Zapatero einige Male in Bedrängnis bringen können. Der Amtsinhaber versuchte, umgänglicher zu wirken als sein als wenig telegen geltender Rivale. Zapatero präsentierte positive Wirtschaftsdaten der vier vergangenen Jahre und weiche Themen wie Umweltschutz oder den Ausbau sozialer Rechte.

Überraschend reaktionslahm

Rajoy war vom Start weg auf Radau aus. "Kommen Sie mir nicht mit Makroökonomie, die versteht keiner", warf er Zapatero an den Kopf. Statt dessen rezitierte er die Preissteigerung bei Brot, Gemüse, Obst, Milch, Hähnchen und Hypotheken. Überraschend reaktionslahm zeigte sich Zapatero, als Rajoy ihm unter Verwendung verzerrender Daten vorwarf, "eine Einwanderungs-Lawine" losgetreten zu haben.

Rajoy unterstellte Zapatero, er habe die Opfer der baskischen Terrororganisation Eta attackiert. Erst nach diesem Vorhalt ging der Premier zum Konter über. Keine Replik Zapateros fiel so durchschlagend aus wie die Antwort auf die Behauptung Rajoys, die Eta sei am Ende der letzten Legislaturperiode José María Aznars erledigt gewesen. Die Eta sei so sehr am Ende gewesen, frotzelte Zapatero, dass ihr die Regierung Aznar sogar das islamistische Attentat vom 11. März mit fast 200 Toten anlasten wollte. Dies war 2004 ausschlaggebend für den Wahlsieg Zapateros gewesen, den er am 9. März bestätigen möchte. Interessant war, wie sehr Rajoy sich mühte, den Schatten Aznars zu meiden, obwohl er unter Zapateros konservativem Vorgänger nacheinander vier Ministerämter bekleidet hatte.

Auch die Außenpolitik wurde kontrovers diskutiert. Zapatero erinnerte daran, dass Aznar Spanien in Europa durch die Teilnahme am Irak-Krieg isoliert und an den Rand eines Konflikts mit Marokko geführt habe. Rajoy stellte seine Freundschaft zu EU-Staatenführern heraus. "Ich, Merkel und Sarkozy - und Sie, Chavez und Castro. Das ist das Ergebnis Ihrer Außenpolitik." Der zweite Teil des Duells ist für den Montag angekündigt. Womöglich wird dieser wahlentscheidend, der erste war es nicht.

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