Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen:Schaulaufen der Parteiprominenz

Was haben Friedrich Merz, Guido Westerwelle und die gesamte SPD-Troika gemeinsam? Alle werden sie im Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen ihre Parteien unterstützen. Auch der ehemalige NRW-Ministerpräsident Wolfgang Clement hat sich angekündigt - will aber nicht für die SPD Werbung machen.

Bernd Dörries

Neulich stand Peer Steinbrück auf dem Landesparteitag der SPD in Düsseldorf an einem Stehtisch und trank einen Kaffee. Ein halbes Dutzend Genossen schlich um Steinbrück herum, mit einem Fotoapparat in der Hand, die Angst noch größer als die Sympathie für diesen Mann. "Nicht schon wieder", grummelte Steinbrück und ging dann doch immer mit aufs Bild.

Für Steinbrück war das der mehr oder weniger gelungene Wahlkampfauftakt in Nordrhein-Westfalen. Bald wird er hier in den Fußgängerzonen unterwegs sein, noch näher an den Menschen und ihren Fotoapparaten. Das wird ein interessantes Experiment.

Fünf Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen beginnt hier die heiße Phase eines Wahlkampfes, der sich zum größten Teil auf der Straße abspielen wird. Die Parteien haben wegen des vorgezogenen Termins wenig Geld in den Kassen für Werbung oder Kugelschreiber. Ausreichend vorhanden ist hingegen Parteiprominenz und deren Wunsch, mitzumischen im bevölkerungsreichsten Bundesland - meist auch in eigener Sache. Es ist, als sei der Landtagswahlkampf eine Talkshow, in die alle reinwollen.

Bei der SPD hat sich die komplette Kanzlerkandidatenanwärter-Troika angesagt. Auf Seiten der CDU wird Bundeskanzlerin Angela Merkel kommen, und auch Friedrich Merz will wieder mitmachen, nachdem er sich viele Jahre herausgehalten hatte aus der Politik. Wolfgang Clement war einmal Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, damals für die SPD, mittlerweile will er für die Liberalen Wahlkampf machen.

Schwer abzuschätzen, was überwiegt: der Wunsch der örtlichen Parteien, sich mit Prominenz zu schmücken - oder der Wunsch der Prominenz, sich in den Wahlkampf einzubringen. "Wir haben viel mehr Anfragen, als wir erfüllen können", heißt es in der SPD-Parteizentrale. In diesen Tagen ist kein Seniorenzentrum sicher vor Manuela Schwesig, der Arbeitsministerin aus dem fernen Mecklenburg-Vorpommern.

Im Wahlkampf finden nun auch Personen und Positionen zusammen, von denen man das nicht gedacht hätte. "Die Frage ist, ob wir uns der Droge der Verschuldung entwöhnen können. Sonst wird es eine harte Landung geben." Das hatte Peer Steinbrück noch vor einigen Monaten in seiner Kolumne in der Zeit geschrieben und davon, dass die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, ein "eindruckvolles Signal" wäre. Nun engagiert er sich in einem Land, dessen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft eine offensive Verschuldungspolitik betreibt.

Steinbrück betreibt seinen eigenen Wahlkampf und hat dabei in den vergangenen Monaten einen persönlichen Linksruck vorgenommen, hin zu einer höheren Spitzensteuer und mehr Staatseinnahmen - mit Sparen und Streichen wird man offenbar kein Kanzlerkandidat der SPD. Nordrhein-Westfalen ist auch der Vorwahlkampf der SPD-Troika. Frank-Walter Steinmeier und Parteichef Sigmar Gabriel werden sich bald an den Parteiständen herumtreiben.

Bei den Liberalen kann Außenminister Guido Westerwelle den Wahlkampf nutzen, um seine politische Resozialisierung im Inneren voranzutreiben. Mit ihm wollte sich noch vor kurzem kaum jemand fotografieren lassen bei der FDP, und Westerwelle drängte auch nicht ins Bild. Mit seiner Zurückhaltung sei es nun vorbei, sagte er vor einigen Tagen, er wolle nun wieder mitmischen. "Jetzt geht es um meine Heimat." Und wie den anderen Promis geht es ihm sicher auch um sich selbst.

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