Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern:Storch Heinar ärgert die NPD

Ein putziger Vogel im Kampf gegen rechts: Mit der Satirefigur "Storch Heinar" veralbern junge Sozialdemokraten in Mecklenburg-Vorpommern die Wahlkampagne der NPD. Und auch Hoteliers kleben nun fleißig Storch-Plakate - sie sorgen sich vor allem um den Imageschaden, den die plumpen Parolen der Rechten dem Tourismus zufügen könnten. Die Szene nimmt den Spott alles andere als gelassen.

Jens Schneider

Der Storch blickt melancholisch und vor allem einfältig drein. Das Bärtchen am Schnabel wirkt eher niedlich, als dass es Angst einflößt, und soll es auch sein. Denn die Satirefigur "Storch Heinar" haben junge Sozialdemokraten in Rostock vor drei Jahren erfunden.

'Storch Heinar'-Satire aergert Rechtsextremisten im Landtagswahlkampf

"Storch Heinar" ärgert die Rechtsextremisten im Landtagswahlkampf. Wahlplakate der SPD mit den Bild vom "Storch Heinar" hängen in Mecklenburg-Vorpommern vielerorts unter den Plakaten der NPD. "Storch Heinar" mit strengem Seitenscheitel und Hitlerbärtchen hat sich bundesweit zu einer der erfolgreichsten Anti-Rechts-Kampagnen entwickelt. Der Comic-Storch ist im Wahlkampf der SPD auf zahlreichen Plakaten und Aufstellern im Land zu sehen.

(Foto: ddp images/dapd/Frank Hormann)

Der Name veralbert den Schriftzug eines in der rechtsextremen Szene beliebten Mode-Labels und damit auch gleich die ganze rechte Bewegung. Schnell wurde der putzige Storch unter jungen Leuten beliebt, weil er plumpen Parolen eine angemessen unernste Antwort entgegensetzte. Jetzt macht die Karikatur im Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern Karriere: als fröhlicher Kontrapunkt zur Kampagne der NPD.

Es sind nur noch wenige Tage bis zum Wahltermin, und die rechtsextreme Partei hat ihre Anstrengungen im Nordosten noch einmal verstärkt, auch aus Angst, an Bedeutung zu verlieren. Noch 2006 erreichte die NPD 7,3 Prozent, nun muss sie laut Umfragen um den Wiedereinzug in den Landtag von Schwerin bangen - und das in Mecklenburg-Vorpommern, das viele Rechte zu ihrem Kernland erklärten.

Mit Plakaten allerorts versuchen sie nun, Wähler zu überzeugen: Hunderte Plakate hängen entlang der großen Straßen in Schwerin und Rostock, oft weit oben an Laternenpfählen, damit sie niemand zerstören kann. Doch die Schilder sind dort nicht allein. Fast unter jedem hängt ein "Storch Heinar"-Plakat.

Etwa 5000 Mal wurde der Storch schon geklebt, für die Aktion haben der Rostocker SPD-Landtagsabgeordnete Matthias Brodkorb und seine Weggefährten seit Monaten Spenden aus dem ganzen Bundesgebiet bekommen. Seit Jahren haben sie auf diesen Wahlkampf hingespart, sagt Brodkorb. Und längst schon wird der traurige Vogel nicht mehr nur von Sozialdemokraten geklebt. Nun haben sich auch die Hoteliers im Land angeschlossen.

Alles andere als gelassen

Denn nicht auszudenken wäre der Schaden, "der entsteht, wenn Kreuzliner mit ausländischen Gästen aus aller Welt Warnemünde anlaufen und die Nazi-Wahlparolen auf Wahlplakaten lesen", schreibt etwa der Präsident ihres Verbandes Dehoga, Guido Zöllick, an seine Kollegen und bittet zum Foto-Termin mit Storch Heinar an die Ostsee nach Warnemünde. Mecklenburg-Vorpommern ist so abhängig vom boomenden Tourismus wie kaum ein anderes Bundesland.

Angestoßen hat die Initiative der Rostocker Hotelchef Benjamin Weiß. Er ärgerte sich über die Omnipräsenz der rechten Plakate, war auch von irritierten Gästen darauf angesprochen worden. Also wandte sich Weiß an den Storch-Heinar-Initiator Brodkorb. Er spendete für weitere Plakate und klebte selbst mit.

Die rechte Szene nimmt den Spott alles andere als gelassen. Mit Humor kämen die Rechten nun mal nicht zurecht, sagt Brodkorb. Einige Storch-Plakate sind zerstört worden. Auch beschwerte sich die NPD bei etlichen Ordnungsämtern im Land, heißt es im Innenministerium.

Weil es vom Storch längst auch T-Shirts (mit "Bügelfalten - hart wie Kruppstahl"), Comics und Bücher gibt, beklagten sie, die Plakate seien kommerzielle Werbung. Das Innenministerium sah jedoch keinen Anlass, das Kleben von Storchplakaten zu verbieten.

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