Wahlen in Italien:Wer in Rom jetzt wichtig wird

Gott sei Dank nicht Berlusconi - so denken vermutlich einige Italiener und viele Beobachter im Ausland. Die Wähler haben entschieden - zu Gunsten des Mitte-links-Lagers. Welche Politiker spielen künftig eine wichtige Rolle in Italien? Wer zählt zu den Verlierern? Ein Überblick.

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Italian general elections - voting

Quelle: dpa

Was passiert, wenn die Italiener tatsächlich noch einmal Berlusconi wählen? Das war die spannende Frage, die ganz Europa beschäftigt hat. Jetzt ist die Entscheidung gefallen - zu Gunsten des Mitte-links-Lagers.  Welche Politiker spielen künftig eine wichtige Rolle in Italien? Wer zählt zu den Verlierern? Ein Überblick.

Insgesamt waren etwa 47 Millionen Bürger zur Wahl aufgerufen - und mussten sich für eine der zahlreichen politischen Gruppierungen im traditionell zersplitterten italienischen Parteiensytem entscheiden.

Nach dem Rücktritt des parteilosen Regierungschefs Monti hatte Staatschef Giorgio Napolitano im Dezember das Parlament aufgelöst. Die Parlamentswahl wurde deshalb vorgezogen und fand - ungewöhnlich für Italien - im Winter statt.

Einige Komplikationen verursacht das Wahlsystem, weil die Abgeordnetenkammer auf nationaler Ebene, der Senat aber in den Regionen gewählt wird. Daher kann es unterschiedliche Mehrheiten in beiden gleichberechtigten Häusern geben, die sich dann gegenseitig blockieren können.

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Wahlen in Italien:Pier Luigi Bersani

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Quelle: AFP

Pier Luigi Bersani, der Vorsitzende der sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), hat gute Aussichten, Italiens nächster Regierungschef zu werden. Am Abend der Wahl erklärte seine Partei, das von ihr geführte Miite-Links-Bündnis zum Sieger der Parlamentswahlen. Im Abgeordnetenhaus kam Bersanis Koalition auf 29,54 Prozent, wie das Innenministerium in Rom nach Auszählung aller Stimmen am Dienstagmorgen mitteilte. Damit liegt er denkbar knapp vor Berlusconis Bündnis, das 29,18 Prozent erhielt. Das Mitte-Links-Bündnis bekommt als stärkste Kraft im Abgeordnetenhaus die Mehrheit von 340 Sitzen. Berlusconis Lager stellt 124 Abgeordnete.

Im Senat hat Bersanis Zusammenschluss zwar die meisten Stimmen bekommen, aber nicht die Mehrheit der Sitze. Er erhielt nach Angaben des Innenministeriums 31,63 Prozent der Stimmen und 113 Sitze. Das Mitte-Rechts-Bündnis des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi kam auf 30,72 Prozent und 116 Sitze. Im Senat, der jedem Gesetz zustimmen muss, ist Bersanis Lager also auf Partner angewiesen.

Mit Bersani könnte erstmals seit Romano Prodi im Jahr 1996 wieder ein linker Premier in den Regierungspalazzo Chigi in Rom einziehen. Mangel an Charisma gleicht Bersani durch Zuverlässigkeit aus: Obwohl ihm nicht alles gefällt, hat er den bisherigen Ministerpräsidenten Monti im Parlament loyal unterstützt.

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Wahlen in Italien:Mario Monti

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Quelle: dpa

Er ist scheinbar der Verlierer dieser Wahl. Für Montis Allianz, die politisch im Zentrum zwischen den Linken und dem Berlusconi-Lager steht,  stimmten nur knapp zehn Prozent der Wähler.

Trotz des relativ schwachen Abschneidens seines bürgerlichen Bündnisses zeigte sich Monti zufrieden. "Einige sind vielleicht von einem etwas besseren Ergebnis ausgegangen, aber ich bin sehr zufrieden", sagte er. Sein Bündnis der Mitte sei erst vor 50 Tagen und ohne unrealistische Versprechen gegründet worden.

Allerdings kommt Monti als möglicher Koalitionspartner für Bersani in Frage, denn beide sind sich darin einig, den Reformkurs fortzusetzen. Auch die Finanzmärkte und viele europäische Politiker hoffen auf eine solche Koalition. 

Vor 15 Monaten war der EU-Kommissar und Wirtschaftsprofessor angetreten, um als "Retter Italiens" das Land zu reformieren. Gewählt wurde Monti damals nicht, sondern von Staatschef Giorgio Napolitano ernannt. Mit seiner Sparpolitik schaffte es Monti allmählich, das Vertrauen der Finanzmärkte wieder zu gewinnen.

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Wahlen in Italien:Silvio Berlusconi

Silvio Berlusconi in der Tv Show 'Porta a Porta' in Rom

Quelle: action press

Mit seinem Wiederantritt verstörte der Ex-Premier selbst Teile seiner eigenen Partei. Berlusconis Bündnis um die PdL-Partei (Volk der Freiheit) ging mit anti-deutschen Parolen und Stimmungsmache gegen den Euro auf Wählerfang. Welche Rolle er genau in der zukünftigen Regierung einnehmen würde, war unklar. Zwischendurch äußerte er Wünsche, Wirtschaftsminister werden zu wollen. Pläne fürs Geldausgeben gab es genug: 8,6 Milliarden Euro wollte er mittels Steuerrückerstattung ans Volk verteilen, obendrauf sollte es eine Amnestie für Steuersünder geben.

Versprechungen, die viele Wähler offenbar überzeugt haben. Der Vorsprung des Mitte-Links-Bündnisses vor dem Berlusconi-Lager im Abgeordnetenhaus ist mit 0,36 Prozent hauchdünn. Das Ergebnis ist dennoch eindeutig.

Im Senat zeigt sich das Ergebnis umgekehrt - und sorgt für eine Patt-Situation. Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis hat hier mit 30,72 Prozentpunkten zwar weniger Stimmen als das Mitte-Links-Bündnis (31,63 Prozent), besetzt dennoch 116 Sitze wohingegen auf das Bersani-Lager 113 Sitze fallen.

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Wahlen in Italien:Beppe Grillo

Wahlen Italien - Beppe Grillo

Quelle: dpa

Beppe Grillo hatte im Wahlkampf zwei Rollen: Er war bekannter Komiker und zugleich unberechenbarer Feind aller Parteien und Politiker. Vor allem wetterte der 64-Jährige populistisch gegen Europa und den Euro. Seine Wähler mobilisierte er vor allem über das Internet. Mit seiner Basis-Bewegung "MoVimento 5 Stelle" (Fünf Sterne), startete er seinen Angriff auf die etablierten Parteien - und war erfolgreich.

Auf Platz drei im Senat liegt die überraschend starke Protestbewegung "Fünf Sterne" des Komikers mit 23,79 Prozent und 54 Sitzen. Im Abgeordnetenhaus wurde Grillos Bewegung mit 25,55 Prozent der Stimmen sogar stärkste Einzelpartei. Sie entsendet 108 Parlamentarier in diese Kammer.

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Wahlen in Italien:Pier Ferdinando Casini

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Quelle: BLOOMBERG NEWS

Der wendige Chef der christdemokratischen UDC (Zentrumsunion) hatte gehofft, Monti für eine Kandidatur zu gewinnen. Mit seiner kleinen Partei ist der 57-jährige Casini ein Meister der politischen Flexibilität.

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Wahlen in Italien:Roberto Maroni, der Geläuterte

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Quelle: AFP

Roberto Maroni, 57, Vorsitzender der von Skandalen erschütterten Lega Nord: Im Januar vereinbarten Berlusconi und er eine Wahlallianz. Die Lega Nord zählte bereits zu den Koalitionspartnern der letzten Berlusconi-Regierung. Berlusconis PDL hat Maronis Kandidatur in der Lombardei unterstützt.

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Wahlen in Italien:Corrado Passera, Montis Schatten

Italian Economic Development Minister Corrado Passera Interview

Quelle: Bloomberg

Der 57-jährige Wirtschaftsminister steht für alles, wofür Monti steht und unterstützt ihn im Wahlkampf. Um dem Premierminister bei der Rettung der italienischen Finanzen zu helfen, hat der parteilose Ökonom seinen Chefposten bei der zweitgrößten italienischen Bank aufgegeben, zuvor hatte er sich mit seiner Reform der Post als Manager empfohlen.

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Wahlen in Italien:Matteo Renzi, der Medienprofi

Primary win gives Bersani chance to be new Italian Premier

Quelle: dpa

Der 37-jährige Bürgermeister von Florenz ist die Hoffnung vieler junger Wähler. Der PD-Politiker gibt sich unkonventionell und mediengewandt, den Konfrontationskurs mit der alten Politikergeneration scheut er nicht. Bei den Kandidatenvorwahlen seiner Partei landete er auf Platz zwei hinter Bersani, mit seinem Wählerpotenzial hat Renzi sich dennoch für eine wichtigere Rolle empfohlen, wenn seine Partei an die Regierung kommt. Die Einladung von Berlusconi, Teil seines Teams zu werden, lehnte Renzi entschieden ab.

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Wahlen in Italien:Luca di Montezemolo, der Taktiker

Campaign rally for Mario Monti

Quelle: Polaris / StudioX

Kein Politiker, aber einflussreicher Wirtschaftsboss: Der smarte Ferrari-Präsident und Berlusconi-Feind unterstützte Monti im Wahlkampf. Dabei wählte er oft deutliche Worte: Sollten sich die Populisten durchsetzen und nicht die Reformer, dann drohten Italien "Chaos und Unregierbarkeit", sagte Montezemolo der Zeitung Il Gazzettino.

Auch sein Name stand auf der Liste, die die Zeitung Corriere della Sera neulich veröffentlichte: eine Liste mit den Namen von Managern, die angeblich mit Millionengeldern den Wahlkampf von Mario Monti fianzierten.

© Süddeutsche.de/dpa/bach/kai/rela
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