Wahlkampf in Berlin:"Ich bin Flüchtling, sehen Sie mich an"

Maja Lasic - SPD

Die SPD-Politikerin Maja Lasić sucht im Berliner Wahlkampf das direkte Gespräch mit den Menschen, die im Wedding wohnen.

(Foto: janniskeil.de)

Mit 14 Jahren kam Maja Lasić als Flüchtling aus Bosnien. Nun will die Berliner SPD-Kandidatin mit ihrer Geschichte den Wählern die Angst vor Einwanderung nehmen.

Von Jens Schneider, Berlin

Du sprichst kein Wort Deutsch außer "Halt", "Achtung" und was sonst noch in Partisanenfilmen vorkommt. Du landest in einer Vorbereitungsklasse für neu hinzugewanderte Ausländer. Du lernst Deutsch, auch in der Klasse, aber vor allem vor dem Fernseher. Du kannst alle Werbungen nachsprechen, noch bevor du den Sinn der Worte verstehst. Du fühlst dich fremd und willst nur zurück in deine Heimat.

So fängt die Geschichte von Maja Lasić in diesem Land an, sie war 14 und kam 1992 als Flüchtling aus Bosnien, nichts fühlte sich gut an. Die promovierte Biologin hat ihre Geschichte in kurzen Kapiteln aufgeschrieben, mit dem Titel: "Wie wird man Deutsch?" Da ist der Moment, als sie einheimische Kinder einlädt: Du feierst Geburtstag und niemand von deinen deutschen Freunden kommt, sie würden sich unter so vielen Flüchtlingen "zu fremd fühlen".

Es sind Notizen aus einem Leben, das ein faszinierendes Beispiel sein kann. Dabei warnt die 37-Jährige selbst davor, zu einfache Schlüsse zu ziehen. "Ich bin nicht so blauäugig zu denken, dass jeder junge Flüchtling Karriere machen wird", sagt sie. So einfach sei das nicht, natürlich. "Wir als Gesellschaft entscheiden, wie es ausgeht."

Hausbesuche als Chance, um mehr Vertrauen in die Politik herzustellen

Also klappert sie seit Wochen Wohnblocks ab im Berliner Wedding, einen Aufgang nach dem anderen. Maja Lasić steigt die Treppen ganz nach oben und arbeitet sich von dort zum Parterre hinunter. Sie lässt keine Wohnung aus. Ein Foto von einem Furcht einflößenden Hund und Gebell hinter der Tür schrecken sie nicht.

Der Wedding ist ein raues Quartier, und der Ton gegenüber Politikern ist in diesem Wahlkampf in Berlin besonders feindselig. Aber Lasić erlebt, dass viele Menschen den persönlichen Besuch höflich annehmen. Selten schlägt einer gleich die Tür zu. "Das direkte Gespräch ist die Chance, wieder Vertrauen zur Politik aufzubauen", glaubt die junge Frau. Sie macht das zum ersten Mal.

Im vierten Stock öffnet eine Frau ihre Tür halb, mustert Maja Lasić, die lächelt und stellt sich als ihre Kandidatin von der SPD vor. Naja, brummt die Frau, sie sei gar nicht zufrieden mit der Politik. "Vor allem die Schulen, die sind in schlechtem Zustand." Die Kandidatin erzählt von ihrer eigenen Geschichte. Nicht weit von hier hat sie im Wedding an einer Hauptschule Schüler unterstützt. Sie wisse, dass vieles besser werden müsse. Das Geld dafür stehe bereit, da komme jetzt auch keiner mehr herum. "Die Schulen sind so wichtig."

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