Es ist bald acht Jahre her, dass Hillary Clinton die Vorwahlen für die US-Präsidentschaft verloren hat. Damals war sie angreifbar, weil sie den Irak-Krieg von George W. Bush befürwortet hatte und dessen idealistische, neokonservative Außenpolitik, die Schurkenregime nicht bloß eindämmen, sondern beseitigen wollte. Der desaströse Verlauf des Irak-Abenteuers aber ließ die USA kriegsmüde und desillusioniert zurück, der Interventionismus Bushs und Clintons war diskreditiert; die Vor- und Hauptwahl gewann 2008 also Barack Obama, der Krieg durch Diplomatie ersetzen wollte.
In absehbarer Zeit aber könnte sich das wieder ändern: Die Zu- und Abneigung der USA zu Interventionen aller Art verläuft in Zyklen. Im November wählt das Land ein neues Staatsoberhaupt, im Januar 2017 wird Obama die Macht abgeben, die USA werden dann womöglich eine neue Richtung einschlagen - mit Folgen auch für Europa. Seit den Anschlägen in Paris und San Bernardino bestimmen Sicherheit und Terrorabwehr den Wahlkampf, und wenn es einen Konsens zwischen den meisten Kandidaten gibt, dann diesen: Obama ist die Kontrolle über den Nahen Osten entglitten, er hat die Terroristen des "Islamischen Staats" (IS) unterschätzt und die USA oft schwach aussehen lassen. Nun steht eine Neujustierung im Verhältnis der USA zum Rest der Welt bevor, neben praktischen Fragen zu Terroristenjagd, Einwanderung, Klima und Freihandel geht es auch um die große Balance zwischen Idealismus und Realpolitik, Interventionismus und Rückzug.
"Wir kamen, wir sahen, er starb", scherzte Clinton 2011 über Gaddafis Tod
Umfragen zufolge ist Clinton die Favoritin, die Nominierung der Demokraten und die Hauptwahl zu gewinnen. Clinton wäre interventionsfreudiger als Obama. Als sie Ende 2011 vom Tod des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi erfuhr, klang sie geradezu überdreht: "Wir kamen, wir sahen, er starb", scherzte sie. Clinton hatte sich als Außenministerin Obamas vehement für einen Militäreingriff in Libyen eingesetzt, den Tod des Despoten sah sie als ihren Erfolg. In der Syrien-Krise hat sie früh verlangt, die Opposition zu bewaffnen, konnte Obama aber nicht überzeugen. Heute argumentieren ihre linken Rivalen, US-Interventionen im Irak und in Libyen hätten die Region nur destabilisiert; in Syrien sei es jetzt wichtiger, die IS-Terroristen zu vertreiben, als den Diktator Baschar al-Assad zu stürzen. Clinton will beide Ziele verfolgen.
Unter den Republikanern ist das Meinungsbild nicht einheitlich. Zwar fordern fast alle Kandidaten mit teils drastischer Rhetorik eine Machtdemonstration gegenüber dem IS, Russland und China, oft lassen sie aber offen, wie sich dies konkret von der Politik Obamas unterscheiden würde.