Süddeutsche Zeitung

Wahlkampf im Saarland:Wir sind nicht Oskar

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Der ehemalige Ministerpräsident des Saarlandes münzt seine einstigen SPD-Erfolge auf die Linkspartei um. Jetzt rücken alle damaligen Minister von Oskar Lafontaine ab.

Christoph Hickmann

Es gibt ein Wörtchen, über das sich saarländische Sozialdemokraten ebenso ärgern können, wie sie es fürchten - zumindest, wenn ihr größter Quälgeist es benutzt. Es geht um das Wörtchen "wir", Oskar Lafontaine verwendet es an der Saar gern, wenn er über die Zeit spricht, in der er dort für die SPD regierte. "Wir" haben dies durchgesetzt, sagt er dann, "wir" haben jenes angesiedelt.

Lafontaine verwischt so die Grenzen zwischen seiner früheren Partei, der SPD, und seiner neuen, der Linken, für die er als Spitzenkandidat zur Landtagswahl am 30. August antritt. Er reklamiert zudem landespolitische Erfolge für die Linkspartei, die er und seine Mitstreiter von 1985 bis 1998 für die SPD erreichten. Nun aber soll Schluss sein mit dem trügerischen "Wir".

Klimmt hat viel telefoniert

Zum Gegenschlag holt ausgerechnet jener Mann aus, der dem Ministerpräsidenten Lafontaine als Chef der SPD-Landtagsfraktion stets den Rücken freihielt, der ihm für kurze Zeit als Regierungschef folgte und der Lafontaine trotz allem noch heute einen "Freund" nennt: Reinhard Klimmt, 66.

Klimmt hat viel telefoniert, bis er jene 80 Namen beisammen hatte, die nun unter der vorläufigen Fassung eines "Aufrufs zur Landtagswahl" stehen. Publiziert werden soll er kurz vor der Wahl per Anzeige, einleitend heißt es: "Wir haben über viele Jahre der SPD ein Gesicht gegeben." Dann sprechen die Unterzeichner dem SPD-Spitzenkandidaten Heiko Maas ihr Vertrauen aus.

Neben ehemaligen Abgeordneten und Oberbürgermeistern hat Klimmt nach SPD-Angaben sämtliche Minister gewonnen, die unter Lafontaine an der Saar im Amt waren. Ein gutes Dutzend sind es, unter ihnen der langjährige Innenminister Friedel Läpple, der frühere Finanzminister und stellvertretende Regierungschef Hans Kasper sowie dessen Nachfolgerin Christiane Krajewski. Es ist ein Appell der Altvorderen, über den Klimmt sagt: "Ich bin persönlich schon stolz auf den Haufen." Zwar fehlten noch Unterschriften, doch telefonisch hätten alle zugesagt.

Einer der Ihren trotz aller Querelen

Das ist insofern bemerkenswert, als "der Oskar" für viele Sozialdemokraten an der Saar trotz aller Querelen einer der Ihren bleibt und unter den Genannten dementsprechend auch solche sind, die Lafontaine noch immer eng verbunden sind. Zu ihnen gehört der ehemalige Finanzminister Kasper, der auf Anfrage eigentlich nicht über die Sache reden will, aber immerhin bestätigt, er habe "bedingt zugesagt" und unterstütze die Aktion "insgesamt" - bevor er leicht gequält darauf hinweist, dass er schließlich noch immer "mit Oskar" befreundet sei.

Umso höher muss man Klimmts Überredungskünste einschätzen. "Diejenigen, die damals wirklich für die SPD in der Verantwortung standen, stützen Heiko Maas", sagt er. "Wenn Lafontaine 'wir' sagt, ist das also nichts anderes als der Pluralis Majestatis" - das Reden über sich selbst in der Mehrzahl.

Lafontaine wird in dem Aufruf nicht erwähnt, und doch ist klar, gegen wen die Aktion gerichtet ist. Glaubt man den Umfragen, ist es zwar nicht mehr realistisch, dass die Linkspartei am Ende vor den Sozialdemokraten landet - doch viele Stimmen wird sie der SPD allemal abnehmen. Schon lange versucht deren Landesspitze daher, die Reihen möglichst geschlossen und prominente potentielle Überläufer bei der Stange zu halten. So wurden die Gewerkschaften systematisch eingebunden, zudem berief Maas den Parteilinken Ottmar Schreiner in sein Schattenkabinett. Die Botschaft hinter alldem: "Wir" sind die wahren Sozialdemokraten.

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SZ vom 01.07.2009/mikö
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