Süddeutsche Zeitung

Wahlkampf:Grenzwertig

Die Innen- und Justizminister der Union beraten bereits vor der Wahl ganz offen über den Inhalt von Koalitionsverhandlungen.

Von Robert Roßmann

Die Grenze zwischen Partei- und Regierungsarbeit ist nicht immer leicht zu ziehen, manchmal lassen sich die beiden Aufgaben nur schwer trennen. Vor allem im Wahlkampf nutzen Minister die Möglichkeiten ihres Amts aber auch mal gerne zum Wohl der Partei. Normalerweise wird das verschämt kaschiert. Umso ungewöhnlicher ist ein Statement von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).

Auf seine Initiative haben sich am vergangenen Freitag die von der Union gestellten Innen- und Justizminister der Länder in Berlin getroffen. Es war - wie de Maizière stolz anmerkte - das erste Mal, dass es ein Treffen in diesem Format gab. Die Damen und Herren kamen nicht in der CDU-Zentrale zusammen, sondern in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung - also einem Regierungsgebäude. Und sie verständigten sich dabei auf eine "Berliner Erklärung" voller harter Forderungen zur inneren Sicherheit, mit denen die Union jetzt Wahlkampf macht.

Das war auch das eigentliche Ziel des Treffens, das allein hat schon einen Hautgout. Doch de Maizière sagte bei der Abschlusspressekonferenz außerdem ganz offen: "Wir haben auch sehr intensiv über denkbare Inhalte von Koalitionsvereinbarungen gesprochen." Sind dafür nicht die Parteien zuständig? Auf Nachfrage, wie das denn unter einen Hut ginge, legte de Maizière sogar nach: "Natürlich bereiten wir uns auf Koalitionsverhandlungen vor." Das mache jeder Minister in Land und Bund. Und "natürlich" nutze er zur Vorbereitung der Verhandlungen auch den Apparat seines Ministeriums. Er sehe darin "überhaupt gar kein Problem". Schließlich seien die "Ministerien dafür da, den Sachverstand zur Verfügung zu stellen". Das mag so sein. Damit aber Gespräche über den Inhalt von Koalitionsverhandlungen bereits vor der Wahl in einer reinen Unionsminister-Runde zu begründen, ist doch erstaunlich.

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SZ vom 08.09.2017
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