WahlkampfDie digitale Arena

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Alle Parteien nutzen soziale Netzwerke. Doch ihr Stil ist unterschiedlich: von sachlich über angriffslustig bis hämisch.

Von Katharina Brunner und Mirjam Hauck

Angela Merkel (CDU) schaut belustigt, in ihrer Hand brennt ein Streichholz. Offensichtlich eine Fotomontage, noch dazu eine schlechte. Die Botschaft der Alternative für Deutschland (AfD) ist klar: Merkel zündelt. Und Deutschland muss darunter leiden. Ein Bild mit einem polemischen Spruch, der den politischen Gegner lächerlich macht - das gibt viel Zuspruch auf Facebook. Ein AfD-Beitrag bekommt im Mittel doppelt so viele Likes wie alle anderen Parteien zusammen für einen durchschnittlichen Post. Aber die reinen Zahlen täuschen. "Die AfD hat hyperaktive Nutzer, die systematisch liken", sagt Simon Hegelich, Professor für Political Data Science an der Technischen Universität München. Vorgetäuschte Aktivität nennt er diese Manipulation.

Mit Spott über oder persönlichen Angriffen auf den politischen Gegner halten sich die meisten anderen Parteien zurück. Aber auch sie arbeiten häufig mit Bildern, die in der Logik des sozialen Netzwerks besser funktionieren. Bei den Grünen blickt zum Beispiel Cem Özdemir auf einem Foto in die Ferne. Dazu das Zitat: "Wer die Todesstrafe will, kann sich Nordkorea anschließen, aber nicht der EU." Auch die Linkspartei will angriffslustig und zugespitzt auf Facebook agieren. "Sahra Wagenknecht zeigt, wie das geht", sagt Thomas Lohmeier, Bereichsleiter Bürgerdialog der Linkspartei. "Sie drückt sich sehr pointiert aus und macht klare Aussagen."

Rechte Nutzer kommentieren besonders häufig - gern voll Spott über ihre Gegner

Die FDP gibt sich im Netz betont nüchtern: "Wir stellen unsere Positionen dar und setzen nicht auf persönliche Angriffe", sagt der Pressesprecher Nils Droste. Auch die CDU verfolgt eine wenig offensive Strategie. Und das ganz bewusst, denn allzu viel hält man im Konrad-Adenauer-Haus nicht vom sozialen Netzwerk mit seinen Millionen Mitgliedern in Deutschland. "Tiefgehende politische Diskussionen gibt es auf Facebook eher selten", sagt Stefan Hennewig, der Leiter Kampagne und Marketing der CDU. Trotzdem hat die CDU mit der Jungen Union "Connect 17" gestartet. Damit soll der Onlinewahlkampf aller Bundestagskandidaten und Freiwilligen professionell organisiert werden.

Die SPD hofft ebenfalls, dass Fans im Internet auch vor Ort aktiv werden. Facebook wird zur Motivationsplattform für analoge Aktionen. "Deutsche Parteien wollen bei Facebook den Haustürwahlkampf mit dem normalen Wahlkampf verbinden", sagt Hegelich. Gerade die AfD nutzt ihre Anhänger auch für einen digitalen Graswurzel-Wahlkampf. Statt Kugelschreiber auf dem Marktplatz verteilen sie zugespitzte Sprüche auf dem Territorium der politischen Gegner, also den Facebook-Seiten der anderen Parteien. Unter so gut wie jedem Post vor allem der Grünen und der CDU kommentieren Nutzer aus dem rechten Spektrum. Umgekehrt agitieren Gegner der AfD auf deren Facebook-Seite bei Weitem nicht in gleichem Maße.

Neben den klassischen Beiträgen gibt es zwei weitere Trends für den anlaufenden Bundestagswahlkampf: Zum einen bezahlte Anzeigen, die sehr genau platziert werden. Die CSU hat zum Beispiel 2016 Russlanddeutsche auf Facebook gezielt auf Kyrillisch angesprochen. Zum anderen die direkte, persönliche Ansprache in Nachrichten-Apps, also bei Diensten wie das zum Facebook-Konzern gehörige Whatsapp.

© SZ vom 02.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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