Nach der Landtagswahl in Sachsen hat die Generalstaatsanwaltschaft Dresden nun die Ermittlungen wegen des Verdachts der Wahlmanipulation zugunsten der rechtsextremen Freien Sachsen übernommen. Das teilte die Behörde in einer Presseerklärung mit.
„Die bisherigen Ermittlungen haben ergeben, dass unbekannte Tatverdächtige insgesamt 126 Stimmzettel der Briefwahl zum Sächsischen Landtag zugunsten der Partei Freie Sachsen manipuliert haben. Davon waren 85 Stimmzettel aus zwei Wahlbezirken in Dresden-Langebrück betroffen und 27 Stimmzettel über das Stadtgebiet Dresden verteilt“, heißt es in der Mitteilung. Zudem seien insgesamt 14 Stimmzettel der Briefwahl in zwei Wahlbezirken in Radeberg zugunsten der Freien Sachsen verändert worden.
Laut einem Bericht der Dresdner Neuesten Nachrichten sehen sich die Ermittler nun auch die Ergebnisse der Stadtratswahl im Juni an, das habe die Polizei bestätigt. Denn da hätten die Freien Sachsen im selben Stadtteil, im Wahlkreis Langebrück 1, mit 14 Prozent der Stimmen ein sehr hohes Ergebnis bekommen. Profitiert habe davon ein Kandidat, der als Pflegefachkraft arbeite. Es kursiere die Vermutung, dass in Pflegeeinrichtungen oder Seniorenheimen Briefwahlunterlagen gesammelt und schließlich manipuliert worden sind, heißt es in dem Bericht, was die Polizei aber weder bestätige noch dementiere.
Die Freien Sachsen werden – wie die sächsische AfD – vom Verfassungsschutz als rechtsextreme Bestrebung eingestuft. Nach dessen Angaben sind sie eine als Partei organisierte Gruppierung von Neonazis, Funktionären der früheren NPD und weiteren Szeneangehörigen oder -sympathisanten. Auf ihrem Telegram-Kanal dementierten die Freien Sachsen, etwas mit der Manipulation der Stimmzettel bei der Landtagswahl zu tun zu haben. „Das ist natürlich Unsinn, weit über 50 000 Sachsen haben ihr Kreuz bei uns gesetzt“, heißt es dort. Der AfD-Sozialpolitiker André Wendt spricht hingegen von einer „großen Wahlfälschung“ zum Nachteil der AfD. Alle Stimmen in Sachsen sollen demnach überprüft oder neu ausgezählt werden, forderte Wendt in einer Mitteilung.
Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur teilte die Wahlbehörde in Dresden mit, dass die Freien Sachsen in einem der betroffenen Wahlbezirke, dem Bezirk 36012, auffallend gut abgeschnitten hatten. Dort erreichten sie mit 59 Direktstimmen und 60 Listenstimmen jeweils 10,2 Prozent. Insgesamt kam die Kleinstpartei bei der Landtagswahl auf 2,2 Prozent. Die Zettel wurden laut Polizei manipuliert, indem bereits gesetzte Kreuze überklebt und die Zettel zugunsten der Freien Sachsen neu angekreuzt worden sind.
Viele Parteien betroffen
Aufgrund der laufenden Ermittlungen und der andauernden Wahlprüfung will sich der Dresdner Wahlleiter Markus Blocher derzeit nicht zu den Vorfällen äußern, teilte ein Sprecher der Stadt mit. Man habe die Landeswahlleitung am Montag über die Unregelmäßigkeiten informiert und Anzeige erstattet.
Die Landeswahlleitung teilte mit, dass man mögliche Maßnahmen aufgrund der wahlrechtlichen Auswirkungen der manipulierten Wahlzettel derzeit prüfe. Voraussichtlich werde der Landeswahlausschuss am 13. September über wahlrechtliche Konsequenzen entscheiden.
Polizeisprecher Thomas Geithner sagte dem MDR Sachsen, betroffen seien vor allem Briefwähler aus Langebrück. Ob ein Einzeltäter dafür verantwortlich ist oder es ein systematisches Vorgehen gab, sei noch unklar – die Ermittlungen stünden noch am Anfang. Von den Manipulationen betroffen sind laut Geithner die Stimmzettel „sehr vieler Parteien“.