Wahlen:Trump kokettiert in Washington mit politischem Comeback

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Ex-US-Präsident Donald Trump bei seiner Rede in Washington. Foto: Andrew Harnik/AP/dpa (Foto: dpa)

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Washington (dpa) - Es ist der erste öffentliche Auftritt des Ex-Präsidenten Donald Trump in Washington seit dem Ende seiner Amtszeit. Als der 76-Jährige am Dienstagnachmittag zum Abschluss einer Tagung der von seinen früheren Wahlkampfmanagern gegründeten Denkfabrik America First Policy Institute in der US-Hauptstadt vor das Rednerpult tritt, macht er deutlich: Trump sieht die USA nach 18 Monaten demokratischer Biden-Regierung am Boden - und bringt sich selbst als möglichen Retter ins Spiel.

Trumps wirft US-Präsident Joe Biden Versagen auf allen Ebenen vor, nennt als Beispiele die Inflation und die hohen Spritpreise. Den Hauptteil seiner Rede widmet er aber einem anderen Thema: Der inneren Sicherheit. Biden habe den Kriminellen im Land freie Hand gelassen, Recht und Ordnung müssten dringend wieder hergestellt werden. "Unser Land und das Leben unserer Bürger stehen auf dem Spiel, und wir haben keine Zeit zu verlieren", sagt er - ohne dies mit Zahlen zu belegen. Als Maßnahmen schlägt Trump vor, die Polizei massiv aufzurüsten und den US-Streitkräften im Inland mehr Kompetenzen einzuräumen, um eigenmächtig einschreiten zu können. Für Drogendealer bringt er die Todesstrafe ins Spiel.

Kommt das politische Comeback?

Applaus erntet Trump bei vor allem, als es um sein mögliches politisches Comeback geht. Dass er bei den Präsidentschaftswahlen 2024 kandidieren will, deutet er erneut an: "Vielleicht müssen wir es einfach noch einmal machen", sagt Trump an einer Stelle, nachdem er über seinen Wahlsieg 2016 gesprochen und abermals behauptet hat, auch die Wahl 2020 gewonnen zu haben. Der Republikaner weigert sich bis heute, seine Niederlage anzuerkennen und spricht auch diesmal von Wahlbetrug.

Seit seiner Abwahl kokettiert Trump immer wieder mit einer erneuten Kandidatur. Trump wäre bei der Wahl in gut zweieinhalb Jahren 78 Jahre alt. Der 79-jährige Biden wiederum betont immer wieder, noch einmal antreten zu wollen - sollte es seine Gesundheit zulassen.

Trumps öffentlicher Auftritt in Washington ist sein erster, seit er die Hauptstadt zum Ende seiner Amtszeit Ende Januar 2021 verlassen hat - wenige Wochen nach dem Sturm seiner Anhänger auf das Kapitol am 6. Januar, bei dem fünf Menschen ums Leben kamen und viele verletzt wurden. Der Angriff ist Gegenstand eines Untersuchungsausschusses - und der Druck auf Trump wächst. Der Ex-Präsident war bei öffentlichen Anhörungen in den vergangenen Wochen von zahlreichen Zeugen schwer belastet worden, nun verdichten sich die Hinweise, dass das Justizministerium, das Verhalten Trumps selbst genauer untersucht. Im Raum steht die Frage, ob Justizminister Merrick Garland strafrechtliche Schritte gegen Trump einleiten könnte.

Unter Republikanern nicht sehr populär

Zu der Arbeit des Ausschusses sagt Trump in Washington an die Anwesenden gerichtet: "Bei allem, was dieses korrupte Establishment mir antut, geht es darum, ihre Macht und Kontrolle über das amerikanische Volk zu erhalten. Sie wollen euch in irgendeiner Form schaden. Sie wollen mir wirklich schaden, damit ich nicht mehr für euch arbeiten kann. Und ich glaube nicht, dass das passieren wird."

Bei den Anhängern seiner Partei schneidet der Republikaner Trump einer Umfrage im Auftrag des Senders CNN zufolge derweil nicht sonderlich gut ab. Bei einer repräsentativen Befragung von 1002 Menschen sprechen sich 55 Prozent der registrierten Wähler der Republikaner für einen anderen Kandidaten als Trump aus. Doch auch der Demokrat Biden hat demnach unter den Anhängern seiner Partei wenig Unterstützung für eine erneute Kandidatur 2024. Der Umfrage zufolge sind 75 Prozent der befragten Wähler der Demokraten der Auffassung, dass jemand anderes als Biden als Präsidentschaftskandidat für die Partei ins Rennen gehen sollte. In einer Umfrage im Winter sah das nur gut die Hälfte der Befragten so.

Etwa vier von fünf der 1002 Befragten waren der Ansicht, dass Trumps Versuche, sich nach der verlorenen Wahl 2020 an der Macht zu halten, illegal oder zumindest unethisch waren. 61 Prozent waren überzeugt, dass Trump rund um die Kapitol-Attacke am 6. Januar zu politischer Gewalt ermuntert hat. Mehr als drei Viertel der Befragten gaben an, dass Trump damals mehr hätte tun können, um die Gewalt zu stoppen.

Ob Trump tatsächlich Präsidentschaftskandidat der Republikaner werden würde, wenn er wollte, ist offen. Ein möglicher Konkurrent Trumps ist der Gouverneur Floridas, Ron DeSantis, deutlich jünger und ebenfalls aus dem rechten Flügel der Partei. Am gleichen Tag wie Trump trat am Dienstag auch der ehemalige Vize-Präsident Mike Pence bei der konservativen Heritage Foundation in Washington ans Rednerpult. Beobachter werten dies als Zeichen dafür, dass Pence sich von seinem ehemaligen Chef distanzieren möchte - und möglicherweise auch eine Kandidatur für das Weiße Haus im Jahr 2024 anstreben könnte.

© dpa-infocom, dpa:220726-99-166915/8

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