Süddeutsche Zeitung

Wahlen in Österreich:Kärntner Wähler strafen Regierungspartei ab

Über Jahre hat die Freiheitliche Partei das österreichische Bundesland Kärnten geprägt, nun ist sie abgewählt. In Niederösterreich bestätigen die Wähler dagegen die ÖVP. In beiden Ländern sorgt die neue Protestpartei des Milliardärs Frank Stronach für Aufsehen.

Von Cathrin Kahlweit, Wien

In dieser Klarheit hat das Ergebnis kaum jemand erwartet. Kärnten hat gewählt und der regierenden Freiheitlichen Partei (FPK) eine deftige Niederlage beschert. Das amtliche Endergebnis belegt, dass die Rechtspopulisten weit mehr als die Hälfte ihrer Stimmen verloren haben und von zuletzt 45 auf 17 Prozent abgefallen sind. Zwar war man bei der FPK von Stimmverlusten ausgegangen und hatte vorsichtshalber nicht einmal eine Siegesfeier angesetzt; aber letzte Umfragen hatten sogar noch von einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit der SPÖ gesprochen. Alles falsch: Die Kärntner Wähler haben die Regierungspartei dramatisch abgestraft.

Die Sozialdemokraten mit ihrem Spitzenmann Peter Kaiser kamen auf etwa 37 Prozent, was einem Plus von acht Prozentpunkten entspricht, und werden damit in Zukunft den Landeshauptmann stellen. Erfreut war man auch bei den Grünen. Spitzenkandidat Rolf Holub, der maßgeblich zur Aufklärung zahlreicher Korruptionsskandale beigetragen hat, hoffte auf bis zu 15 Prozent der Stimmen. Geworden sind es immerhin knapp zwölf Prozent. Wie erwartet und dennoch überraschend schnitt das Team Stronach ab, das bei dieser Landtagswahl erstmals angetreten war. Deren Spitzenkandidat, der von der SPÖ gewechselte Gerhard Köfer, holte elf Prozent. Für eine Partei, deren Haupt-Programmpunkt ihr Parteichef war, der Milliardär Frank Stronach, ist das ein beachtliches Ergebnis.

Dörfler versuchte vor allem mit Geldgeschenken zu punkten

In Niederösterreich, wo die Wahllokale eine Stunde später schlossen, konnte Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) seine absolute Mehrheit halten und landete bei etwa 51 Prozent der Stimmen. SPÖ und FPÖ verloren, einzig die Grünen konnten um ein knappes Prozent zulegen. In Niederösterreich war es daher, wie auch in Kärnten, das Abschneiden des Teams Stronach, das für Aufsehen sorgte. In beiden Bundesländern kam die Partei auf Anhieb in den Landtag und in Kärnten auf mehr als zehn Prozent, womit sie Anspruch auf einen Regierungssitz hätte. In beiden Ländern gilt das Prinzip der Proporzregierung, wonach Parteien, die mehr als zehn Prozent erreichen, auch Minister stellen dürfen.

Bei der letzten Wahl in Kärnten 2009, die kurz nach dem Tod des damaligen Landeshauptmanns Jörg Haider nötig geworden war, hatte dessen Nachfolger Gerhard Dörfler, damals noch Kandidat des BZÖ (Bündnis Zukunft Österreich), einen furiosen Sieg eingefahren. Dieser war allseits mit einem "Trauer-Bonus" wegen Haider erklärt worden. Danach wechselte praktisch die gesamte BZÖ-Spitze in einem Überraschungscoup zurück zu den Freiheitlichen (FPÖ).

Dörfler, der nach Haiders Tod noch geklagt hatte, mit dessen Ableben sei "die Sonne vom Himmel gefallen", hatte diesmal vor allem mit Geldgeschenken der Landesregierung an die Bevölkerung zu punkten versucht. Er war im Wahlkampf mit wachsender Aggressivität gegen die politische Konkurrenz aufgefallen - mutmaßlich auch, weil man seiner Truppe regelmäßig die Korruptionsskandale der vergangenen Zeit vorhielt. Dörfler sagte nach der Wahl, ein Ergebnis in dieser Deutlichkeit habe er nicht erwartet. Er sei "durchgerasselt".

In Wien war die Schadenfreude über das Ergebnis nicht zu überhören

Der Machtverlust der Freiheitlichen wird nicht nur dort als Schocktherapie für eine Rechtspartei gewertet, die einst, als sie bundesweit mitregierte, Empörung in ganz Europa und regelmäßig Proteste im eigenen Land hervorgerufen hatte. Auch die aktuelle Auseinandersetzung um die Klientelpolitik von Haiders Nachfolgern hatte Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein der Bundespartei, die sich zuletzt vorsichtig von den Klagenfurter Parteifreunden abzugrenzen suchte.

In Wien war die Schadenfreude über das Ergebnis der vorgezogenen Landtagswahl nicht zu überhören. Schließlich sind in einem halben Jahr Nationalratswahlen, und die Hoffnung der FPÖ, unter ihrem Parteichef Heinz-Christian Strache stärkste Partei zu werden, hat am Sonntag einen Dämpfer erlitten. Auch Strache habe mit dem Kärntner Ergebnis eine "schallende Ohrfeige bekommen", hieß es in ersten Reaktionen in der Hauptstadt.

In Niederösterreich spielte die FPÖ nur eine untergeordnete Rolle. Dort war der Wahlkampf ganz auf eine Mann-gegen-Mann-Show zwischen dem politischen Neuling und Unternehmer Frank Stronach und dem langjährigen Landeshauptmann Pröll ausgelegt gewesen. Stronach hatte Pröll, der das Land wie ein Duodezfürst regiert, mehrmals vorgeworfen, Niederösterreich sei eine "Diktatur" und ein "Sauhaufen". Dieser hatte gekontert, man könne keine Wählerstimmen kaufen. Damit hatte Pröll, der als erfolgreich, aber sehr autoritär gilt, darauf angespielt, dass Stronach mit viel eigenem Geld in den Wahlkampf eingriff. Pröll hat nun seine absolute Mehrheit verteidigt. Und damit seinen Einfluss in der Bundespartei, der ohnehin groß ist, noch weiter gestärkt.

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SZ vom 04.03.2013/sks
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