Wahlen in Kirgisistan:Regierungschef Atambajew erklärt sich zum Sieger

Die Kirgisen haben zum ersten Mal nach den blutigen Umbrüchen von 2010 einen Präsidenten gewählt. Der pro-russische Regierungschef Atambajew hat sich zum Gewinner erklärt: Nach offiziellen Angaben kam er auf die Mehrheit der Stimmen. Doch die Opposition kündigt Widerstand an, internationale Beobachter berichten von Unregelmäßigkeiten.

Der pro-russische Regierungschef Almasbek Atambajew hat sich zum Sieger der ersten Präsidentenwahl seit den blutigen Umbrüchen in der zentralasiatischen Republik Kirgisistan erklärt. Der 55 Jahre alte Sozialdemokrat habe nach Auszählung fast aller Wahlzettel rund 63 Prozent der Stimmen erhalten. Das teilte die zentrale Wahlkommission in der Hauptstadt Bischkek nach Angaben der Agentur Akipress mit.

Almasbek Atambajew

Neuer Präsident von Kirgisistan: Der prorussische Politiker Atambajew setzte sich mit mehr als 60 Prozent der abgebenen Stimmen durch.

(Foto: dpa)

Die beiden Hauptkandidaten der Opposition erkennen den Sieg Atambajews jedoch nicht an. Der zweitplatzierte Adachan Madumarow fordert, dass die Wahl für ungültig erklärt wird. Der drittplatzierte Kamtschybek Taschijew von der mitregierenden Beamtenpartei Ata Schurt (Vaterland) sagte, Unruhen seien unvermeidlich, wenn das Ergebnis so stehen bliebe. Taschijew sagte, die Leute ertrügen den "Wahlbetrug" nicht und würden sich "von selbst erheben". Taschijew und Madumarow kamen der offiziellen Auszählung zufolge auf knapp 14 und 15 Prozent der Stimmen.

In der südlichen Region Dschalal-Abad gingen bei zwei Demonstrationen insgesamt 400 Menschen für Taschijew auf die Straße. Der Süden gilt als Hochburg der beiden oppositionellen Politiker, die dem im April 2010 gestürzten Präsidenten Kurmanbek Bakijew nahe standen.

OSZE nennt Wahlen fair und frei

Internationale Wahlbeobachter berichteten über Verstöße gegen das Wahlgesetz. Auf den Wählerlisten fehlten die Namen vieler Bürger. Beobachter der Organsisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stellten "bedeutende Unregelmäßigkeiten" bei der Wahl fest, insbesondere bei der Stimmauszählung. Dennoch lobte die Organisation die Wahl als fair und frei. Trotz der Mängel hätten die Wähler friedlich und frei ihren Willen äußern können, teilte die Organisation in Bischkek mit.

OSZE-Koordinatorin Walburga Habsburg Douglas kritisierte zwar die mangelnde Transparenz, sagte aber auch, dass die 16 Kandidaten nicht gegen Gesetze verstoßen hätten. Trotzdem bleibt nach Ansicht von Douglas noch viel zu tun, um dem Anspruch demokratischer Wahlen gerecht zu werden.

Der vorläufige Wahlsieger Atamabajew will die junge Demokratie in der Ex-Sowjetrepublik nach dem Sturz des kirgisischen Staatschefs Kurmanbek Bakijew stärken. Bakijew war nach der Revolution im April 2010 ins autoritäre Weißrussland geflüchtet. Revolutionsführerin und Übergangspräsidentin Rosa Otunbajewa war nicht wieder angetreten.

Erste parlamentarische Republik nach westlichem Vorbild

Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 60 Prozent angegeben - drei Millionen Kirgisen waren zur Wahl aufgerufen. Die neue Führung hatte in der sonst von Diktatoren regierten Region als erste eine parlamentarische Republik nach westlichem Vorbild geschaffen. Kirgistan gilt als strategisch wichtig. Es beherbergt als einziges Land sowohl einen US- als auch einen russischen Militärstützpunkt.

Der Wahlkampf wurde von der harten wirtschaftlichen und sozialen Lage im verarmten Kirgisistan bestimmt. Dauerthemen waren Korruption, Beamtenwillkür sowie kriminelle Geschäfte von Politikern.

Der neue Präsident, der im Dezember sein Amt antreten soll, steht vor allem auch vor der Aufgabe, den Norden mit seinen prorussischen Eliten und Nomaden und den islamisch geprägten Süden mit seiner Handels- und Basarkultur zu einen. Dabei geht es auch um eine weitere Aussöhnung zwischen den Kirgisen und der usbekischen Minderheit im Süden. Bei ethnischen Unruhen zwischen Kirgisen und Usbeken waren nach Schätzungen im Sommer 2010 bis zu 2000 Menschen getötet worden.

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