Wahlen in Brasilien: Satire-Verbot:Kein Witz

Es klingt wie eine Steilvorlage für Kabarettisten: Witze über die Präsidentschaftskandidaten sind nicht erlaubt, denn Wahlen sind eine ernste Sache. In Brasilien protestieren Komiker gegen das bis zur Abstimmung am 3. Oktober geltende Satire-Verbot.

Inga Rahmsdorf

Witze können derzeit sehr teuer werden in Brasilien. Wer sich zum Beispiel im Fernsehen über einen der Präsidentschaftskandidaten lustig macht, der muss mit einer Geldstrafe von bis zu 80000 Euro rechnen. Es ist Wahlkampf in dem südamerikanischen Land - und das soll eine ernste Angelegenheit sein, so schreibt es ein brasilianisches Gesetz vor.

Wahlkampf in Sao Paulo - Erste Debatte der Kandidaten

Wahlkampf in Sao Paulo - damit die Kandidaten ungestört debattieren können, wurde ein Satire-Verbot verhängt. Dilma Rousseff von der Arbeiterpartei (rechts) gilt als Favoritin, neben ihr Herausforderer José Serra von der sozialdemokratischen Partei. Von den Grünen tritt Marina Silva (links) an.

(Foto: dpa)

Am 3. Oktober wird der Nachfolger des amtierenden Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva gewählt. Bis dahin dürfen im brasilianischen Fernsehen und Radio keine Witze mehr über die Kandidaten, ihre Parteien oder Koalitionspartner gerissen werden. Drei Monate lang dauert die staatlich verordnete Sperre für den Politikerspott insgesamt. Komiker und Satiriker in Brasilien wollen sich jedoch den Spaß im Wahlkampf nicht länger verderben lassen und rufen zu Demonstrationen gegen das Verbot auf.

Ein Gesetz als Erbe der Diktatur

Das Gesetz verbiete den Satiresendungen, eines der wichtigsten Themen dieses Jahres zu behandeln, kritisiert der Humorist Hélio de la Peña in der brasilianischen Zeitung Folha. Die rigorose Vorschrift erwecke den Eindruck, "dass die Kandidaten wehrlose Opfer der Witze sind". Das Gesetz sei ein Erbe der Diktatur, das die Pressefreiheit beschneide und dem Ruf des Landes nachhaltig schade. Befürworter des Witzverbotes halten dagegen, Politiker könnten ohne Angst vor solchen Verunglimpfungen und Witzeleien offen und ehrlich reden. Zudem werde so das Bild der Kandidaten nicht verfälscht.

Wer trotz des Verbots im Fernsehen oder Radio über die Politiker spottet oder witzelt, muss nicht nur mit einer saftigen Geldstrafe rechnen, sondern bereitet auch seinem Auftraggeber ziemliches Ungemach. Der riskiert damit den Entzug seiner Sendeerlaubnis. Immerhin sind Zeitungen und das Internet nicht von dem Witzverbot betroffen. Es gebe wohl weltweit keine andere Demokratie mit solch einem Gesetz, kritisierte unlängst der brasilianische Komiker Marcelo Tas, der sich in seiner wöchentlichen Fernsehshow "CQC" über Politiker, Sportler und andere Prominente lustig macht.

Bisher habe es zwar erst wenige Fälle gegeben, in denen tatsächlich jemand bestraft wurde, doch die haben bereits dazu geführt, dass Radio und Fernsehmoderatoren ihre Sendungen während des Wahlkampfes einer Selbstzensur unterwerfen. Humorist Marcelo Tas sieht darin allerdings weniger eine Gefahr für die Pressefreiheit als eine Gefahr für die Intelligenz.

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