Wahlen in Australien:Hängepartie in Down Under

Nach dem denkbar knappen Ausgang der Parlamentswahlen in Australien ist nach wie vor offen, wer künftig die Regierung stellen wird. Zünglein an der Waage könnten die kleinen Parteien sein.

Wer in den kommenden drei Jahren die Regierung in Australien stellen wird, ist auch einen Tag nach den Wahlen in der parlamentarischen Monarchie völlig offen. Zwar konnte die konservative Opposition unter Tony Abbott, 52, die Mehrheit der Sitze für sich gewinnen - doch für einen Regierungsauftrag reicht die Anzahl der Mandate nicht aus. 76 Sitze wären für eine Mehrheit im Parlament nötig, das national-liberale Bündnis errang aber nur 73 Parlamentssitze. Die Labor Partei von Premierministerin Julia Gillard, 48, sicherte sich 70 Mandate. Das australische Repräsentantenhaus hat insgesamt 150 Sitze.

Wahl in Australien - Tony Abbot

Die Mehrheit der Stimmen im australischen Parlament hat er zwar gewonnen - für die Bildung einer Regierung reicht die Anzahl der Sitze aber noch nicht: Chef der Konservativen Tony Abbott.

(Foto: dpa)

Gillard, die erst im Juli Regierungschef Kevin Rudd von der Spitze der Labor Party verdrängt und ihn als Premierminister abgelöst hatte, räumte ein, die Wahl nicht vollständig gewonnen zu haben. Sie sicherte jedoch zu, die Regierung "weiter zu führen und für eine starke und stabile Regierung zu sorgen", bis das Endergebnis der Wahlen feststehe.

Lösen könnten die Patt-Situation nun die kleinen Parteien: Sicher ist, dass sich die Grünen mindestens einen Sitz im Parlament sichern konnten - von ihnen und den anderen unabhängigen Parteien hängt nun ab, ob Labour oder die Konservativen das Kopf-an-Kopf-Rennen für sich entscheiden werden. Es wäre das erste "hängende Parlament" - ein Repräsentantenhaus ohne klare Mehrheit einer der großen Parteien - seit 70 Jahren.

Kritiker werfen sowohl Gillard als auch Abbott vor, einen Wahlkampf ohne scharfe Konturen geführt zu haben, die Wahlprogramme wären zu nahe beieinander gelegen. Gillard und Abbott versprachen ein landesweites Breitbandnetz, besseres Wassermanagement auf dem ausgetrockneten Kontinent und den Kampf gegen illegale Immigranten.

Bei den Kandidaten selbst hätten die Kontraste dagegen kaum deutlicher sein können: Die unverheiratete, kinderlose und atheistische Karrierefrau Gillard gegen den konservativen einstigen Priesterkandidaten und Familienvater Abbott. Mit Gillard hätten die Australier erstmals in ihrer Geschichte eine Frau auf den Chefsessel der Regierung gewählt. Sie hätten auch statt einer "First Lady" erstmals einen "First Partner" in der Regierungsresidenz bekommen, denn Gillard lebt mit dem Friseur Tim Mathieson ohne Trauschein zusammen. Auch eine ausgewiesene Atheistin wäre ein "first" auf diesem Posten. Abbott böte dagegen Altbewährtes. Der Fitness-Fanatiker ist verheiratet, hat drei Töchter und hält konservative Familienwerte hoch.

Als Gillards Vorgänger Kevin Rudd die Wahlen vor drei Jahren gewann, beendete er eine fast zwölf Jahre andauernde Regierungszeit der Konservativen - die Wahl galt als Beginn einer neuen Ära. Besonders am im Land stark umstrittenen Thema Klimaschutz zerrieb sich die neue Regierung schnell: Der versprochene Handel mit CO2-Zertifikaten scheiterte erst an den Grünen, die mehr wollten als Labor, dann an den Konservativen, die weniger wollten und Kompromisse zu verhindern wussten.

Im diesjährigen Wahlkampf hatte Gillard versprochen, in einem Bürgerforum neu über Klimaschutzmaßnahmen nachdenken zu lassen. Abbott hatte einst das Gerede vom Klimawandel als Mist bezeichnet.

Nun könnte es gerade an den Grünen liegen, zu entscheiden, wer von den beiden von nun an die Regierung in Australien führen wird.

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