Wahlen - Berlin:Superwahlsonntag mit vier Abstimmungen in Berlin

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Eine Wahlhelferin befestigt hinter einem Schild einen weiteren Zettel mit der Aufschrift "Wahllokal". Foto: Sebastian Gollnow/dpa (Foto: dpa)

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Berlin (dpa) - In Berlin ist am Sonntag Superwahltag. Die Bewohner der Hauptstadt wählen nicht nur einen neuen Bundestag, sondern auch ein neues Abgeordnetenhaus und zwölf neue Bezirksparlamente. Außerdem können sie bei einem Volksentscheid darüber abstimmen, ob große Wohnungskonzerne enteignet werden sollen.

Nach Angaben der Landeswahlleitung gab es in Berlin noch nie so viele Abstimmungen an einem Tag. Die 2257 Wahllokale sind von 08.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet. Wegen der Corona-Pandemie gelten dort diverse Hygienemaßnahmen, darunter die Pflicht zum Tragen einer OP- oder FFP2-Maske.

Schon seit Wochen deutet sich an, dass unter anderem wegen Corona eine Rekordzahl an Menschen per Briefwahl abgestimmt hat. Bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 entfielen 29,2 Prozent der abgegebenen Stimmen auf Briefwähler, bei der Bundestagswahl 2017 waren es in Berlin 33,4 Prozent.

Das Berliner Landesparlament besteht aus mindestens 130 Abgeordneten, aktuell sind es durch Überhang- und Ausgleichsmandate 160. Dieses Mal bewerben sich 34 Parteien mit Landes- oder Bezirkslisten um die Zweitstimmen der Wählerinnen und Wähler. 2016 waren es 21.

Für die Wahl zum Abgeordnetenhaus sind 2,45 Millionen Menschen wahlberechtigt. In letzten Umfragen hatte die SPD mit ihrer Spitzkandidatin Franziska Giffey die Nase vorn. Die Grünen mit ihrer Kandidatin Bettina Jarasch lagen je nach Umfrage mehr oder weniger dicht dahinter. Auf Platz drei folgte die CDU mit ihrem Spitzenmann Kai Wegner (CDU) vor der Linken mit Klaus Lederer. Auch AfD und FDP haben gute Chancen, erneut in das Landesparlament einzuziehen.

Nach den Umfrage-Ergebnissen hätte die 2016 gebildete rot-rot-grüne Koalition eine Mehrheit und könnte weitermachen. Möglich scheinen auch andere Dreierbündnisse, etwa von SPD, CDU und FDP oder SPD, Grünen und FDP, wobei letztere Variante - im Unterschied zum Bund - in Berlin als wenig wahrscheinlich gilt.

Giffey vermied im Wahlkampf, der vor allem geprägt war von den Themen Mieten und Wohnen, Verkehr, Klimaschutz, Bildung und Corona, eine Koalitionsaussage. Sie bekannte sich also nicht zur Fortsetzung des Bündnisses mit Linken und Grünen. In etlichen Themenfeldern sah es eher nach Gemeinsamkeiten mit der CDU aus. Die bisherigen Koalitionspartner Grüne und Linke kritisierten das. Sie wollen "R2G", wie Rot-Rot-Grün genannt wird, fortsetzen.

2016 hatte die SPD die Wahl mit 21,6 Prozent der Zweitstimmen gewonnen - ihrem schlechtesten Ergebnis in Berlin seit 1946. Die CDU erreichte 17,6 Prozent und sank damit ebenfalls auf ein historisches Tief. Die Linke kam auf 15,6 Prozent, die Grünen auf 15,2 Prozent. Die AfD war mit 14,2 Prozent erstmals in das Abgeordnetenhaus eingezogen, die FDP schaffte 6,7 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag damals bei 66,9 Prozent.

Egal wie das Wahlergebnis am Sonntag ausfällt - Berlin bekommt in jedem Fall eine neue Rathauschefin oder Rathauschef. Denn der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) kandidiert für den Bundestag. Beste Chancen, ihn abzulösen, haben nun mit Giffey und Jarasch zwei Frauen. In dem Fall hätte Berlin seine erste Regierende Bürgermeisterin, wenn auch nicht die erste Frau, die die Geschicke der Stadt leitet. Denn 1947/1948 amtierte die SPD-Politikerin Louise Schroeder kommissarisch als Oberbürgermeisterin im Nachkriegs-Berlin.

Beim Volksentscheid geht es um die Frage, ob Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen und "Gewinnerzielungsabsicht" vergesellschaftet, also gegen Entschädigung enteignet werden sollen. Die Initiative "Deutsche Wohnen & Co enteignen" glaubt, auf diese Weise den Anstieg der Mieten in Berlin stoppen und langfristig bezahlbare Mieten sichern zu können.

Die Abstimmung gilt als erfolgreich, wenn es mehr Ja- als Nein-Stimmen gibt und mindestens ein Viertel der Wahlberechtigten dafür sind - also rund 612.000 Berlinerinnen und Berliner. Allerdings ist das Ergebnis des Volksentscheids rechtlich nicht verbindlich, weil die Wähler nicht über einen konkreten Gesetzentwurf abstimmen. Gleichwohl werden sich der neue Senat und das neue Abgeordnetenhaus mit dem Votum auseinandersetzen müssen, egal wie es ausgeht.

© dpa-infocom, dpa:210925-99-357485/4

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