Wahlen in Schleswig-Holstein:In der Ruhe liegt seine Kraft

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Der Ministerpräsident und sein Herausforderer: Daniel Günther (rechts, CDU) und Thomas Losse-Müller (SPD) im Freilichtmuseum Molfsee bei Kiel. (Foto: Frank Molter/dpa)

Vor der Wahl am Sonntag trommelt Bundeskanzler Olaf Scholz in Kiel für den SPD-Kandidaten. CDU-Ministerpräsident Günther kann auf Hilfe von außen verzichten, in Umfragen führt er klar. Er sagt, er wolle Kurs halten - aber mit wem wird er künftig regieren?

Von Peter Burghardt, Hamburg

Jetzt kam also vor dem Finale Bundesprominenz nach Schleswig-Holstein, das so oder so immer eine Reise wert ist. Allein die Küsten, mit Amrum oder Sylt auf der einen Seite und Stränden, die auf der anderen Seite sogar Brasilien oder Kalifornien heißen. An den Dämmen und Deichen wird ja am Sonntag gewählt, die CDU mit ihrem Ministerpräsidenten Daniel Günther ist klarer Favorit. Für die überregional zuletzt deprimierte Union sind das sagenhafte Aussichten, doch der SPD sollte der Kanzler zu Hilfe eilen.

Olaf Scholz trat am Freitagnachmittag auf dem Kieler Rathausplatz auf, um Thomas Losse-Müller beizustehen. Losse wer? Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten war bei der Weltbank, hat in Washington den Ortsverband der Grünen gegründet, der SPD als Grüner später eine Zeitlang die Kieler Staatskanzlei geführt und erst 2021 offiziell die Farben gewechselt. Die Karriere des Ökonomen ist so gesehen bunter als die von Günther, Politologe und Eigengewächs der CDU. Das Problem: Den Mann mit dem Doppelnamen kennt, anders als den Regierungschef, selbst im Norden nicht jeder.

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Markus Söder muss vor Neid erblassen

Bei Daniel Günther war das vor fünf Jahren ansatzweise ähnlich, seine Partei schickte ihn damals zwar als Oppositionsführer ins Rennen, aber auch als Ersatz. Günther dagegen machte sich seinerzeit im Wahlkampf und nachher im Amt dermaßen bekannt und beliebt, dass Männer wie Markus Söder vor Neid erblassen müssen, wenn sie von seinen aktuellen Werten hören. Laut Umfragen sind drei Viertel der Befragten zwischen den Meeren mit dem Regierungschef Günther und seiner Jamaika-Riege zufrieden.

Da hilft die Unterstützung aus Berlin dem Außenseiter aus der SPD wohl wenig. Zumal nicht klar ist, ob Scholz Stimmen bringt oder kostet. Losse-Müller wirbt mit Mietpreisbremse, kostenfreier Kita und umwelttechnologischem Schwung. Aber er kann froh sein, wenn er Zweiter wird. Die Forschungsgruppe Wahlen sieht SPD und Grüne gleichauf bei 18 Prozent. Die CDU käme nach dieser Erhebung auf 38 Prozent, bei der FDP wären es acht, beim Südschleswischen Wählerverband SSW und der AfD sechs Prozent, von der Linken keine Spur.

Die Wählerschaft scheint Günthers Slogan "Kurs halten" zu vertrauen. Er beruhigt die Bevölkerung in schwierigen Zeiten offenbar wie es früher Angela Merkel tat. Günther brauchte keine Starbegleitung. Es war für ihn auch nicht schlimm, dass er wegen einer Corona-Infektion zuletzt zehn Tage lang das Haus hüten musste, mitten im Wahlkampf. Seine letzten PR-Stationen seither, unter anderem: Nortorf, Laboe, Owschlag, Gettorf, auch sein Wohnort Eckernförde.

CDU und Grüne hätten eine Mehrheit

Sein Jamaika hat allerdings eine so klare Mehrheit, dass künftig auch CDU und Grüne regieren könnten, ohne FDP. Oder sogar CDU und FDP, eventuell verstärkt durch die dänisch-friesische Minderheitenvertretung SSW, doch das ist unwahrscheinlich. Noch unwahrscheinlicher ist eine Ampel plus SSW gegen die CDU.

Die Aussichten der Region sind im Prinzip nicht schlecht, darauf bauen alle Bewerber und Bewerberinnen. Schleswig-Holstein ist als Ferienrevier populär und spielt mit Wasser und Wind eine Rolle bei der Energiewende. Allerdings könnte der Umbau zum Beispiel nach dem Geschmack der Grünen kraftvoller sein, auch wird Wohnraum immer teurer, Losse-Müllers SPD gibt das soziale Gewissen. Rasch soll es angesichts des Krieges in der Ukraine plötzlich mit dem Flüssigerdgas-Terminal in Brunsbüttel gehen. Bau oder Reparatur von Straßen oder Schienen kommen weniger flott voran.

Schleswig-Holstein, laut Studien das glücklichste Bundesland, wirkt friedlicher bis schläfriger als einst in der Ära Barschel/Engholm, Simonis/Carstensen oder Stegner/Kubicki. Mehr sanfte Ostsee als wilde Nordsee sozusagen. Wobei: Der Lübecker Auftritt von Außenministerin Annalena Baerbock und der Grünen-Finanzministerin Monika Heinold musste kürzlich abgesagt werden, es roch an der Bühne beißend. Buttersäure.

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