Die Bürgerinnen und Bürger in Österreich wählen am 29. September einen neuen Nationalrat. Die 183 Sitze in der ersten Kammer des österreichischen Parlaments werden unter den Parteien verteilt, die in ganz Österreich mindestens vier Prozent der Stimmen oder ein Grundmandat in einem der 39 Regionalwahlkreise erhalten.
Zur Wahl zugelassen sind Österreicherinnen und Österreicher über 16 Jahre. Den mehr als 6,3 Millionen Wahlberechtigten stehen zwölf Parteien zur Auswahl. Die Wahllokale öffnen in einigen Bundesländern am Sonntag bereits um sechs Uhr und schließen spätestens um 17 Uhr. Wer am Wahltag verhindert ist, kann sich im Vorhinein per Briefwahl beteiligen. Diese Stimmen werden zum Teil erst in der kommenden Woche ausgezählt, sodass im vorläufigen Ergebnis am Wahlabend nicht alle Stimmen berücksichtigt sein werden.
In den Umfragen liegt die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) mit Spitzenkandidat Herbert Kickl seit Beginn vergangenen Jahres auf Platz eins. Der zeitweise komfortable Vorsprung schmilzt aber seit einigen Monaten. Grund dafür ist das Erstarken der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP) des amtierenden Bundeskanzlers Karl Nehammer. Sie ist in den Umfragen an der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) vorbeigezogen und wird voraussichtlich die einzige Partei sein, die den Populisten die Mehrheit der Sitze im Nationalrat noch streitig machen kann.
Auch Neos und Grünen ist der Einzug in den Nationalrat offenbar sicher
Mit deutlichem Abstand von mehr als zehn Prozentpunkten folgen Neos und Grüne, die aktuell in etwa gleichauf liegen: Kurz vor der Wahl haben die liberalen Neos die Nase leicht vorn, beiden Parteien ist der Einzug in den Nationalrat jedoch sicher. Berechtigte Hoffnungen darf sich auch die Bierpartei machen. Die zunächst auf Wien beschränkte Protestpartei des unter seinem Künstlernamen Marco Pogo bekannten Punkrock-Sängers Dominik Wlazny tritt 2024 erstmals auf Bundesebene an. Knapp nicht reichen würde es nach jüngsten Umfragen für die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ).
Wie genau das Ergebnis ausfallen wird, können auch Umfragen nicht zeigen, sie können immer nur ein aktuelles Stimmungsbild einfangen. Da für einzelne Umfragen größtenteils nur gut 1000 Menschen befragt werden, sind die Ergebnisse mit Unsicherheiten behaftet. Um ein besseres Bild davon zu vermitteln, in welchem Prozentbereich die Parteien realistisch landen könnten, berechnet die Süddeutsche Zeitung einen Umfragekorridor aus den neuesten Umfragen.
Unter diesen Vorzeichen steht die Wahl
Gegenwärtig regiert in Österreich eine Koalition aus konservativer ÖVP und den Grünen unter der Führung von Karl Nehammer, der 2021 nach dem Rücktritt von Sebastian Kurz die Regierungsgeschäfte übernommen hat. Bei der Wahl vor fünf Jahren war die FPÖ mit weniger als zwanzig Prozent noch drittstärkste Kraft hinter den Sozialdemokraten.
Ein erster Stimmungstest in diesem Jahr erfolgte bei der Europawahl am 9. Juni: Die FPÖ wurde knapp vor ÖVP und SPÖ stärkste Partei, sie entsendet einen Abgeordneten mehr nach Straßburg als die beiden anderen Parteien.
Spannend wird sein, wie sich das verheerende Hochwasser Mitte September, das insbesondere in Niederösterreich große Schäden angerichtet hat, auf die Wahl auswirken wird. Waren im Europawahlkampf noch Migration und Sicherheit die meistdiskutierten Themen, überlagert die Flutkatastrophe seitdem den Wahlkampf. Ein heikles Thema – nicht nur für die qua Regierungsbeteiligung in der Verantwortung stehende ÖVP, sondern auch für die FPÖ, die das menschliche Zutun zum Klimawandel leugnet.
Die Parteien
Wahlberechtigte haben neben der Abgabe einer Stimme für eine Partei die Möglichkeit, die Reihenfolge der Abgeordneten auf den Listen der Parteien zu verändern. Bei der Wahl antreten werden:
- ÖVP
- SPÖ
- FPÖ
- Grüne
- Neos
- Bierpartei
- Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ)
- Liste Madeleine Petrovic (LMP)
- Keine von denen (Keine)
- Die Gelben (tritt im Burgenland an)
- MFG-Österreich Menschen – Freiheit – Grundrechte (tritt in Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, der Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien an)
- Liste GAZA (tritt im Burgenland, Niederösterreich, Oberösterreich, der Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien an)
Die Spitzenkandidaten
- Karl Nehammer (ÖVP)
- Andreas Babler (SPÖ)
- Herbert Kickl (FPÖ)
- Werner Kogler (Grüne)
- Beate Meinl-Reisinger (Neos)
- Dominik Wlazny (Bierpartei)
- Tobias Schweiger (KPÖ)