Wahl-O-Mat:In 38 Thesen durch die deutsche Politik

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"Du hast die Wahl!" wirbt der Wahl-O-Mat für's Durchspielen der eigenen politischen Ansichten. (Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • Seit 2002 gibt es den Wahl-O-Mat - er soll Bürgern helfen, ihre politischen Interesse mit den Programmen der Parteien abzugleichen.
  • Inzwischen gibt es auch andere Programme wie ausgewählt.org oder deinWal.de, die bei der Wahlentscheidung helfen.
  • Auch die Generalsekretäre von CDU und SPD spielen den Wahl-O-Mat bei einer Präsentation durch - das Ergebnis lässt beide schmunzeln.

Von Pia Ratzesberger, Berlin

Eigentlich ist Noah Röller die meiste Zeit des Jahres auf dem Wasser unterwegs. Er fährt auf einem Passagierschiff über den Rhein, er lernt, wie solch ein Schiff zu steuern ist, wie der Motor gewartet werden muss. Doch in diesem Jahr hat er sich ein paar Tage Urlaub genommen, um nach Berlin zu reisen und die Wahlprogramme der Parteien durchzuackern. Noah Röller ist 19 Jahre alt, er bestimmt in diesem Jahr zum ersten Mal mit, wer bald im Bundestag sitzen wird - und ist vermutlich einer der bestinformierten Erstwähler. Er hat beim Wahl-O-mat der Bundeszentrale für politische Bildung mitgearbeitet, Thesen entwickelt, ausgewählt. Und nun steht er im Haus der Bundespressekonferenz neben den Generalsekretären von CDU, CSU und SPD, von Linken und Grünen, sie spielen diese Thesen zum ersten Mal durch. Der Wahl-O-mat ist online.

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Der Wahl-O-Mat soll eine Empfehlung sein, kein Entscheidungsfinder

Hubertus Heil, der Generalsekretär der SPD, steht gerade vor der Frage, ob es einen kontrollierten Verkauf von Cannabis geben sollte. Er klickt auf "Stimme nicht zu", weiter, zum Solidaritätszuschlag. In 38 Thesen durch die deutsche Politik. Ihn habe teils überrascht, welche Positionen die Parteien vertreten, sagt Noah Röller, von der Linken zum Beispiel habe er nicht erwartet, dass sie gegen die Impfpflicht seien - "die Omis bei uns im Kaff würden sagen, die wollen doch alles gleichmachen". Er und 25 junge Kollegen hatten mit der Bundeszentrale 80 Statements erarbeitet und an alle 33 Parteien verschickt, die in diesem Jahr zur Wahl stehen. Fast alle haben geantwortet, nur von der Magdeburger Gartenpartei haben sie nichts mehr gehört. Er schwanke noch zwischen zwei Parteien, sagt Röller, beide hätten bei ihm im Wahl-O-mat am besten abgeschnitten, aber der solle ja ohnehin nur eine Empfehlung sein. Die Entscheidung kann er dem Wähler nicht abnehmen.

Die Idee kommt eigentlich aus den Niederlanden, dort gab es schon Ende der Achtzigerjahre einen Wahl-O-mat, noch auf Papier. Im Jahr 2002, als die Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder und Edmund Stoiber hießen, ging der Wahl-O-mat dann das erste Mal in Deutschland online, mittlerweile gibt es ihn nicht nur für Bundestagswahlen, sondern auch für Landtagswahlen und Europawahlen. Mehr als 50 Millionen Mal ist er durchgespielt worden; allein vor der letzten Bundestagswahl mehr als 13 Millionen Mal. Der Wahl-O-mat erreicht, was auch Kanzlerin Merkel mit ihrem begehbaren Wahlprogramm in Berlin-Mitte versucht: Politik, ohnehin immer ein Spiel, soll auch für den Wähler eines sein.

Generalsekretäre von CDU und SPD machen die Probe

Der Wahl-O-mat ist nicht mehr das einzige Angebot, das versucht, die Entscheidung für eine Partei einfacher zu machen, es gibt zum Beispiel auch ausgewählt.org. Dort hat jede Partei jeweils 280 Zeichen, um ihre Position zu Europa, Familie oder Wirtschaft klarzumachen, im Umfang von zwei Tweets. Die Bundeszentrale fördert das Projekt, im Gegensatz zum Wahl-O-mat sind hier nur die sechs bedeutendsten Parteien dabei. Auch andere Initiativen decken nicht alle ab, auf der Seite deinWal.de wird die eigene Meinung zum Beispiel nicht mit Wahlversprechen abgeglichen, sondern mit tatsächlichen Abstimmungen im Bundestag - deshalb fehlen FDP und AfD.

Letztere steht bei Hubertus Heil auf dem Bildschirm am Ende ganz unten, am wenigsten Übereinstimmung. Ganz oben, er grinst, stehen 100 Prozent für die SPD. Das Duell zwischen den Koalitionspartnern hat er also gewonnen, einen Tisch weiter beantwortet gerade der Generalsekretär der CDU, Peter Tauber, die letzten Fragen. 99 Prozent Übereinstimmung mit der eigenen Partei, mit 71 Prozent auf Platz zwei die SPD. Der Abstand sei aber ja immer noch groß genug, sagt Tauber. Bei Kollege Heil stehen auf Platz zwei: die Grünen.

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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