Landratswahl in Brandenburg:AfD-Landrat nur knapp verhindert

Brandenburg: Gebäude des Landratsamtes im Landkreis Oder-Spree

Gebäude des Landratsamtes im Landkreis Oder-Spree. Der SPD-Kandidat für den Posten des Landrats verdankt den Sieg wohl auch der Unterstützung durch Grüne und Linke.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Bei der Stichwahl um den Posten eines Landrats kommt der Kandidat der AfD auf fast 48 Prozent. Ein Alarmzeichen, das sich in die Stimmung in Brandenburg zu fügen scheint: Auch mehrere rechtsextreme Übergriffe beschäftigen das Bundesland gerade.

Von Jan Heidtmann, Berlin

Die Wahl eines Landrats in Brandenburg ist normalerweise nichts, was die Republik bewegt. Doch am vergangenen Sonntagabend hat immerhin Ministerpräsident Dietmar Woidke gleich beim Wahlsieger Frank Steffen angerufen. Der selbst sagt, er habe nach der Auszählung "schon mehr als Erleichterung empfunden". Denn der Sozialdemokrat hat im Landkreis Oder-Spree verhindert, dass die AfD den ersten Landrat nicht nur in Brandenburg, sondern in ganz Deutschland stellen kann. So richtig darüber freuen mag sich Steffen trotzdem nicht: "Der Wermutstropfen ist das Abschneiden der AfD."

Die Wahl am Sonntag war schon der zweite Anlauf, um einen Nachfolger für den SPD-Landrat Rolf Lindemann zu finden. Bei der ersten Runde Ende April kam Steffen mit 22,5 Prozent auf Platz zwei, der AfD-Kandidat Rainer Galla ging mit 24,8 Prozent als Favorit in die Stichwahl an diesem Sonntag.

Dieses Ergebnis war bereits ein Alarmzeichen - umso mehr, als Steffen als Bürgermeister der Kreisstadt Beeskow in der Gegend durchaus bekannt ist, während Galla als nahezu unbekannter Kandidat in das Rennen um den Posten des Landrats ging. Der Kreis, gelegen zwischen Berlin und der polnischen Grenze, wird auch Tesla-Kreis genannt, weil der Autobauer hier sein erstes Werk in Europa errichtet hat.

Freie Wähler und CDU haben sich diesmal nicht wirklich hinter den SPD-Kandidaten gestellt

In der zweiten Runde fehlten der AfD jetzt gerade einmal 2,5 Prozentpunkte zum Wahlsieg: Der Jurist Galla kam am Sonntag auf 47,6 Prozent der Stimmen, Frank Steffen auf 52,4 Prozent. Er habe während des Wahlkampfes auch viel Kritik von Bürgern gehört, erzählt Steffen. "Aber dass die Ergebnisse so dicht beieinander liegen, das hatte ich nicht für möglich gehalten." Der AfD sei es in der Stichwahl gelungen, noch mehr Wähler als zuvor zu mobilisieren. Steffen kritisiert aber auch die politische Konkurrenz: "Ich muss der CDU und den Freien Wählern auch sagen, dass sie sich nicht immer nur auf die SPD verlassen können."

Während die Grünen und die Linke sich bei der Stichwahl hinter den SPD-Kandidaten gestellt haben, haben Freie Wähler und CDU dies nicht getan. Erst am Samstag rief der frühere Kandidat der CDU über Facebook auf, Steffen zu stützen. Im vergangenen September in Cottbus war das noch anders. Dort standen ebenfalls ein Kandidat der Sozialdemokraten und der AfD in der Stichwahl um das Amt des Oberbürgermeisters. Damals hatten sich fast alle Parteien diesseits der AfD klar hinter den SPD-Kandidaten gestellt. Er gewann das Amt deutlich mit fast 70 Prozent der Stimmen.

"Das Ergebnis steckt uns allen in den Gliedern. Das hat keiner erwartet", sagt Jan Redmann, Landeschef und Fraktionsvorsitzender der CDU in Brandenburg. "Vielleicht haben das auch unsere Leute zu sehr auf die leichte Schulter genommen." Dennoch verteidigt er das Verhalten der Partei im Kreis. "Es genügt nicht, nur gemeinsam gegen die AfD zu stehen. Damit bedienen wir nur das Narrativ der AfD." Die beschreibt sich regelmäßig als einzige Opposition gegen den Block der anderen Parteien. Deshalb müssten alle Parteien ihre Unterschiede schon klar herausarbeiten - "damit die Menschen sehen, dass sie wirklich die Wahl haben", sagt Redmann. Zugleich stellt er klar: "Die Brandmauer gegen die AfD steht. Hier wird keiner in der CDU mit der AfD zusammenarbeiten."

Die Brandenburger AfD wird seit 2020 vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. In den vergangenen Wochen haben zudem mehrere rechte Übergriffe in dem Bundesland Schlagzeilen gemacht.

So wurde Ende April der anonyme Brief zweier Lehrer in dem Ort Burg (Spreewald) nahe Cottbus bekannt. Darin beschrieben diese, wie eine Gruppe von Neuntklässlern an der Gesamtschule immer wieder rechte Parolen skandierte oder den Hitlergruß zeigte und die Schulleitung dennoch nicht einschritt. Vor einer Woche dann war eine Gruppe von Schülern aus Berlin in einem Ferienlager derart von Jugendlichen rassistisch beleidigt und bedroht worden, dass sie mitten in der Nacht abreisten.

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