War das eine Drohung? "Sie werden sich wundern, was alles gehen wird", sagte Norbert Hofer bei einer Diskussion im ORF über die Kompetenzen des österreichischen Bundespräsidenten. Es dauerte nicht lang, bis ein Grünen-Abgeordneter ein Video postete, in dem die Aussage mit Passagen aus einer Wahlkampfrede zusammengeschnitten wurde. Darin kündigt Hofer unter anderem an, als Präsident die Bundesregierung abzusetzen, wenn ihr Kurs ihm nicht passt. "Nichts und niemand wird uns aufhalten können", sagt der Kandidat der weit rechts stehenden FPÖ am Ende des Clips mit ernstem Gesicht und dunkler Stimme. Das Video ist mit düsterer Musik untermalt, es klingt apokalyptisch.
Nun ist Hofer tatsächlich auf dem besten Weg dazu, der erste blaue Bundespräsident Österreichs zu werden. In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl schaffte er laut vorläufigem Gesamtergebnis mit 35,1 Prozent überlegen den ersten Platz. Aber wer ist dieser Mann?
Norbert Hofer, 45 Jahre alt, Flugzeugtechniker, seit einem Unfall beim Paragleiten leicht gehbehindert, galt immer als freundliches Gesicht der FPÖ. Er begann seine politische Karriere mit Anfang 20 in seinem Heimatbundesland, dem Burgenland. Seit 2005 ist er einer der Stellvertreter des Parteichefs Heinz-Christian Strache. Seit 2006 sitzt Hofer im Parlament, seit 2013 ist er Dritter Nationalratspräsident. Bei der Präsidentschaftswahl wollte er eigentlich gar nicht antreten; noch im Dezember sagte er, er fühle sich zu jung für das Amt. Erst Ende Januar legte sich die FPÖ als letzte Partei auf ihren Kandidaten fest. Hofers größtes Manko, hieß es damals, sei seine Unbekanntheit: In einer Kurier-Umfrage Anfang Februar konnte nur gut ein Drittel aller Befragten etwas mit dem Namen Hofer anfangen, der niedrigste Wert unter allen Kandidaten.
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Gemäßigtes Auftreten - radikale Ansichten
So gemäßigt Hofer im Auftreten ist, so radikal sind seine Ansichten. Hofer ist Ehrenmitglied der weit rechts stehenden, deutschnationalen Burschenschaft Marko-Germania Pinkafeld. Sie bezeichnet sich selbst als "national-freiheitlich" und bekennt sich zur "deutschen Kulturgemeinschaft"; ihre Schärpe, mit der auch Hofer schon öffentlich auftrat, hat die Farben Schwarz-Rot-Gold. Hofer ist auch für das FPÖ-Programm von 2011 verantwortlich, demzufolge die Partei sich wieder zur "deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft" bekennt - ein Punkt, der in der vorherigen Programmversion gefehlt hatte.
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Hofer war lange für die Abschaffung des NS-Verbotsgesetzes, vor Kurzem änderte er seine Meinung: Das Gesetz habe heute wegen der vielen Zuwanderer aus antisemitisch geprägten Ländern mehr Bedeutung als früher. Den grünen Kandidaten Alexander Van der Bellen, der nun gegen ihn in die Stichwahl ziehen wird, nannte er im Wahlkampf einen "faschistischen grünen Diktator". Dass er Verschwörungstheorien nicht abgeneigt ist, zeigte Hofer vor einigen Jahren mit einer parlamentarischen Anfrage zum Thema Chemtrails; im Wahlkampf distanzierte er sich nun allerdings davon. Wie seine Partei ist auch Hofer kein Fan der EU: Er würde bis heute gegen einen EU-Beitritt Österreichs stimmen, sagte er im Wahlkampf. Die EU habe höchstens noch als ein "Europa der Vaterländer" eine Chance. Die EU-Sanktionen gegen Russland hält Hofer für falsch.
Wie in Deutschland hat der Bundespräsident zwar auch in Österreich eine vor allem repräsentative Funktion. Hofer hat allerdings im Wahlkampf angekündigt, er wolle ein "aktiver Präsident" sein, er sehe sich als "Schutzherr der Österreicher". Und mehr Befugnisse als ein deutscher Bundespräsident hätte er schon. Es gibt einen Präzedenzfall für die österreichische Präsidentenmacht: Als ÖVP und FPÖ im Jahr 2000 gemeinsam eine Regierung bildeten, lehnte der damalige Bundespräsident Thomas Klestil zwei der Minister ab. Und Hofers Drohung, als Präsident die Bundesregierung gleich ganz zu entlassen? Rechtlich wäre das tatsächlich möglich. Vorgekommen ist es noch nie.