Süddeutsche Zeitung

Wahl in Österreich:Die aggressive Reaktion der FPÖ-Wähler auf die Niederlage

Anhänger der Rechtspopulisten wollen das Ergebnis der Bundespräsidentenwahl nicht anerkennen - sogar zur Gewalt gegen den Sieger wird aufgerufen. Die FPÖ mahnt zur Ruhe.

Von Leila Al-Serori

Ungewöhnlich besonnen - so lässt sich die Reaktion der FPÖ auf die Wahlniederlage bei der österreichischen Bundespräsidentenwahl zusammenfassen. Alexander Van der Bellen gewann das Rennen knapp. "Alle sollen zusammenhalten", appellierte Verlierer Norbert Hofer nun am Dienstag. Er hoffe, dass "Ruhe einkehrt".

Ruhe - die kehrt auf den Facebook-Seiten der FPÖ-Politiker allerdings nicht ein. Ganz und gar nicht besonnen sind die zahlreichen Kommentare der Fans, sondern regelrecht aggressiv. Von Wahlbetrug ist da zu lesen, das Ergebnis sei "ein linksfaschistischer Putsch" schreibt eine Userin. Auch Gewaltaufrufe seien gepostet worden: Die österreichische Tageszeitung Der Standard berichtet, dass auf der Seite von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ein Mann offen mit Klarname zu "Anschlägen" gegen den neuen Bundespräsidenten Van der Bellen aufrief. Das Innenministerium nehme die Bedrohung sehr ernst, es sei bereits ein besonderes Sicherheitskonzept erarbeitet worden, zitiert die Zeitung einen Ministeriumssprecher. Das Posting wurde mittlerweile gelöscht, es liegt dem Standard aber als Screenshot vor.

Strache: "Ergebnis ist anzuerkennen"

Viele Kommentare der User waren am Dienstag sogar so aggressiv, dass Strache sich in einem Posting am Dienstag an seine Fans wandte. Er habe Verständnis für die Enttäuschung vieler Hofer-Wähler, das demokratische Wahlergebnis sei aber "selbstverständlich anzuerkennen". Er plädiert für eine "Abrüstung der Worte". Viele User hätten auf die Stichwahl "völlig unangemessen reagiert".

FPÖ will Wahlunregelmäßigkeiten prüfen

Strache löschte daraufhin viele seiner eigenen Facebook-Postings zu Wahl - auch jene, in denen er selbst am Wahlabend von "fragwürdigen Dingen" schrieb und auf eine Verschwörung anspielte. Die Zweifel der FPÖ-Wähler ob des Ergebnisses hat Strache mit solchen Anspielungen allerdings selbst genährt. Auch Herbert Kickl, Generalsekretär der Partei, witterte bereits im Vorfeld einen Wahlbetrug und mahnte in einer Aussendung zu Wachsamkeit. Mittlerweile wurde die Rhetorik entschärft, den vielen Hinweisen der Unterstützer über Unregelmäßigkeiten wolle die FPÖ aber nachgehen, wie Strache auf Facebook schreibt. Ob die Partei ihre Niederlage anfechten werde, sollte sich ein Hinweis erhärten, ließ er offen.

Online-Petition gegen Van der Bellen

Das Ergebnis der österreichischen Bundespräsidentenwahl war denkbar knapp: Sieger Van der Bellen erhielt 50,3 Prozent, Hofer 49,7 Prozent der Stimmen. Den Rechtspopulisten unterstützten vor allem viele Wähler auf dem Land, die Bewohner der großen Städte hingegen votierten mehrheitlich für den grünen Professor. Das Land sei gespalten, kommentierten daraufhin Journalisten und Politologen. Der designierte Bundespräsident Van der Bellen sprach diese Spaltung auch in seiner ersten Rede am Montag an: Er wolle ein Präsident für alle sein, auch die Hofer-Wähler wolle er von sich überzeugen.

Eine schwierige Aufgabe: Eine Online-Petition mit dem Titel "Ich erkenne Van der Bellen als meinen Präsidenten nicht an" haben am späten Dienstagnachmittag fast 22 000 Menschen unterschrieben.

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