Wahl in NRW:Der Max-und-Moritz-Wahlkampf

Wie Bauer Mecke auf dem Weg zur Mühle: Die CDU verliert an Zustimmung, Ministerpräsident Rüttgers an Ansehen. Vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen wird der alte Überdruss an der SPD überlagert vom Frust über Schwarz-Gelb im Bund.

Heribert Prantl

Das Wahllokal ist die Mühle der Demokratie; Wahltag ist Mahltag. Auf dem Weg zur Mühle ergeht es dem Ministerpräsidenten Rüttgers wie dem Bauern Mecke im siebten und letzten Streich von Max und Moritz.

Rüttgers, NRW, Landtagswahl, Reuters

In der CDU gibt es viel Unmut über Jürgen Rüttgers und seinen Politikstil.

(Foto: Foto: Reuters)

Da schleppt der Bauer Mecke einen seiner Maltersäcke: "Aber kaum, dass er von hinnen, fängt das Korn schon an zu rinnen. Und verwundert steht und spricht er: Zapperment! Dat Ding wird lichter!" Genauso ergeht es Rüttgers und seiner CDU seit Beginn des Wahlkampfs in Nordrhein-Westfalen: Der Sack leert sich, die Regierungspartei verliert Zustimmung, der Ministerpräsident Ansehen, die schwarz-gelbe Koalition die Zukunftsaussichten.

Aber anders als bei Wilhelm Busch sind es nicht die bösen Buben, die die Löcher in die Säcke schneiden. Es sind nicht die Grünen, nicht die Sozialdemokraten, auch nicht die Linken; es ist Rüttgers selbst, es sind seine eigenen Leute. In der CDU gibt es viel Unmut über Rüttgers und seinen Politikstil.

Die Skandale und Skandälchen, die den Wahlkampf der CDU belasten, sind aus der Mitte der Partei an die Öffentlichkeit getragen worden. Ein Teil der CDU-Leute betreibt Obstruktion, hat den Wahlkampf schon aufgegeben, ein anderer Teil kämpft noch um alles; und Jürgen Rüttgers kämpft um sich selbst.

Offiziell, aber sehr säuerlich, steht er noch zu seinem derzeitigen Koalitionspartner, der ziemlich schwindsüchtigen FDP, aber selbst an den Wahlständen der CDU werden kleinlaut die anderen Konstellationen durchgespielt, vor allem die große Koalition. Sie könnte Rüttgers das Amt retten. Er bliebe, in ramponiertem Zustand, das, was er ist.

Die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf, die jetzt wohl vor der Abwahl steht, hatte fast die ganze Legislaturperiode lang einen Vertrauensvorschuss an Rhein und Ruhr. Sie konnte machen, was sie wollte, stets hieß es wohlwollend: "39 Jahre SPD-Herrschaft waren genug, jetzt lasst mal die Neuen machen." Rüttgers und sein CDU/FDP-Bündnis profitierten vom Überdruss an der SPD. Der ist vorbei, zumindest wird er überlagert vom Frust über die Koalition im Bund. Seit Westerwelle in Berlin regiert, haben die Wähler in Nordrhein-Westfalen ihren Schutzschirm über der schwarz-gelben Koalition in Düsseldorf zugeklappt.

CDU und FDP schwimmen dort nicht mehr im Wohlwollen der Bevölkerung; sie halten noch mit knapper Not den Kopf über Wasser. Das neue Wohlwollen gilt anderen: Noch nie gab es so gute Umfragewerte für eine rot-grüne Koalition in NRW wie derzeit. Bei den Grünen herrscht Euphorie, bei den Sozis fast ungläubige Verwunderung. Weil die rote Spitzenkandidatin Hannelore Kraft ihr Glück noch gar nicht fassen kann, liebäugelt sie mit einer großen Koalition.

Bei Max und Moritz endet die Sache so: "Rickeracke! Rickeracke! Geht die Mühle mit Geknacke." Womöglich werden die Linken so zerschrotet, dass sie unter fünf Prozent fallen. Dann wird es nach der Wahl noch spannender, als es vor der Wahl schon aussieht.

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