Wahl in Nigeria:Ex-Diktator Buhari siegt bei der Wahl in Nigeria
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Von Tobias Zick, Kapstadt
Bei den Parlaments- und Präsidentenwahlen in Nigeria hat sich der Herausforderer Muhammadu Buhari gegen Amtsinhaber Goodluck Jonathan durchgesetzt. Der 72-jährige Oppositionspolitiker gewann bei der Abstimmung vom vergangenen Wochenende mit einem Vorsprung von mehr als zwei Millionen Stimmen, wie die Auszählung am Dienstagabend ergab. Jonathan gratulierte Buhari telefonisch zu seinem Wahlsieg, wie ein Sprecher der Oppositionspartei All Progressives Congress (APC) bekannt gab: "Für diesen Schritt wird er als Held in Erinnerung bleiben. Die Spannungen werden dramatisch zurückgehen."
Es ist das erste Mal, dass in Afrikas öl- und bevölkerungsreichstem Land ein Präsident mit demokratischen Mitteln abgewählt wird. Die Auszählung war von Protesten und gegenseitigen Anfeindungen begleitet worden, die Befürchtungen einer neuen Gewaltwelle weckten, wie nach der letzten Wahl 2011: Damals hatten Anhänger des unterlegenen Buhari das Ergebnis angefochten; bei den folgenden Ausschreitungen starben mehr als 800 Menschen.
Der Wahlsieg der Opposition sei eine "massive, demokratische Revolution für Nigeria", sagte Clement Nwankwo vom Policy and Legal Advocacy Center, einer zivilgesellschaftlichen Organisation, die die Wahl beobachtete; "ein Schub für die Macht des Volkes, eine Regierung per Wahlurne zur Rechenschaft zu ziehen". Die Kommissionsvorsitzende der Afrikanischen Union, Nkosazana Dlamini-Zuma, gratulierte per Twitter "dem nigerianischen Volk und dem gewählten Präsidenten Muhammadu Buhari zu der friedlichen Wahl". Der Anruf Jonathans an den Gewinner sei "eine klare Botschaft von Frieden und Demokratie - wahrhaftig das Afrika, das wir wollen."
Buhari ging mit Härte gegen Kritiker vor
Die Tatsache, dass der 72-jährige pensionierte General sich gegen Goodluck Jonathan durchsetzen konnte, gilt vielen Beobachtern vor allem als Beleg dafür, wie verhasst die amtierende Regierung bei vielen Bürgern zuletzt war - und wie groß die Sehnsucht nach "Change", Wandel, wie Buhari ihn im Wahlkampf versprach. Unter Goodluck Jonathan konnte die islamistische Terrorgruppe Boko Haram zwischenzeitlich ein Gebiet von der Größe Belgiens erobern und Tausende Zivilisten niedermetzeln - und Soldaten liefen oft davon statt die Terroristen zu bekämpfen. Die ohnehin alles durchdringende Korruption ist in seiner Amtszeit umso obszöner zutage getreten: Vergangenes Jahr prangerte der Zentralbankchef öffentlich das Verschwinden von fast 15 Milliarden Euro an staatlichen Öleinnahmen an - und wurde daraufhin vom Präsidenten gefeuert.
Korruption, Unsicherheit, Armut: Gegen all das hat Buhari einen kompromisslosen Kampf angekündigt, und seine Vergangenheit lässt darauf schließen, dass er kein Mann leerer Worte ist. Als er schon einmal - von 1983 bis 1985 - das Land als Militärdiktator regierte, rief er einen "Krieg gegen die Disziplinlosigkeit" aus. Beamte, die zu spät zur Arbeit kamen, wurden zum Froschhüpfen verdonnert, Hunderte Politiker und Staatsdiener unter Korruptionsverdacht verhaftet. Doch mit ähnlicher Härte ging Buhari auch gegen Kritiker vor: Mehrere Tausend Oppositionelle wurden während seiner Amtszeit - die mit einem Putsch endete - ohne Verfahren eingesperrt, Hunderte vor geheimen Militärgerichten verurteilt.
"Einmal Diktator, immer Diktator" schrieb die Partei des Amtsinhabers auf Wahlplakaten unter Buharis Foto. Doch auch in deren Hochburgen war die Sehnsucht vieler Bürger nach Wandel stärker als Sorgen, die aus der Vergangenheit rühren. Buhari selbst mühte sich im Wahlkampf, Ängste zu zerstreuen: "Wir müssen uns an die Verfassung des Landes halten", sagte er vor der Wahl dem Economist. "Früher war ich ein Mann des Militärs. Aber ich habe nicht vor, die Demokratie zu militarisieren."
Die Tatsache, dass er ein Mann des Militärs ist, erschien zuletzt auch vielen enttäuschten, früheren Anhängern von Präsident Jonathan als Pluspunkt, die dem ungehemmten Wüten von Boko Haram fassungslos zusahen: Er wisse wenigstens, heißt es über ihn, wie man Soldaten dazu bringt, zu kämpfen statt wegzurennen.