Wahl in Israel:Palästinensischer Präsidentschaftskandidat festgenommen

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Zwei Tage vor der Wahl hat die israelische Polizei Mustafa Barghuti zum Verhör abgeführt. PLO-Chef Abbas, der als klarer Favorit für die Nachfolge Arafats ins Rennen geht, sagte einen Wahlkampfauftritt ab.

Ein Polizeisprecher sagte, Barghuti habe entgegen einer Vereinbarung einen Wahlkampfauftritt auf dem Gelände der Al-Aksa-Moschee geplant, wohin tausende Muslime zum Freitagsgebet kamen. Die Sicherheitskräfte hätten Unruhen befürchtet.

Mustafa Barghuti, wichtigster Herausforderer von Abbas (Foto: Foto: AP)

Der 51-Jährige ist Generalsekretär der Palästinensischen Nationalbewegung, die für Demokratie und Menschenrechte eintritt. Er kann laut einer Umfrage der El-Nadscha-Universität im Westjordanland bei der Wahl am Sonntag mit 28 Prozent der Stimmen rechnen.

Wie aus Abbas' Wahlkampfteam verlautete, war ein massives israelisches Sicherheitsaufgebot vorgesehen, um den 69-Jährigen vor möglichen Übergriffen jüdischer Extremisten zu schützen.

Abbas, der unter anderem die Altstadt besuchen und in der Al-Aksa-Moschee predigen wollte, habe diese Vorkehrungen als schädlich für sein Image erachtet. Anstelle der Jerusalemer Altstadt wollte Abbas am Freitag den palästinensischen Vorort Beir Naballah besuchen.

Auf die Änderung seiner Pläne angesprochen, sagte er: "Ich werde später nach Jerusalem gehen." Am Morgen legte Abbas einen Kranz am Grab Arafats in Ramallah nieder.

Umfragen zufolge kann Abbas bei der Wahl am Sonntag mit einem deutlichen Sieg vor seinem wichtigsten Herausforderer Mustafa Barghuti rechnen. Dieser wurde festgenommen, als die Altstadt von Jerusalem betreten wollte.

Israelische Beamte in Zivil hätten den Politiker in ein Polizeiauto gezwungen, sagten Augenzeugen. Barghuti habe mit seiner Hand das Siegeszeichen geformt, ehe er eingestiegen sei.

Polizeisprecher Shmuel Ben Ruby sagte, Barghuti sei zum Verhör abgeführt worden. Es war bereits das zweite Mal im Laufe des Wahlkampfs, dass der Präsidentschaftskandidat in Jerusalem festgenommen wurde.

Barghuti protestierte heftig gegen seine vorübergehende Festnahme. Er habe als Präsidentschaftskandidat eine Aufenthaltsgenehmigung für Ost-Jerusalem, beteuerte er vor Journalisten.

Israelische Sicherheitsbeamte in Zivil führten ihn dennoch ab und ließen ihn kurze Zeit später am Kontrollpunkt El Ram zwischen Westjordanland und Jerusalem frei. "Die El-Aksa-Moschee ist ein Ort des Gebets und nicht der Propaganda", sagte ein Polizeisprecher. Barghuti habe gewusst, dass er die Moschee nicht betreten dürfe.

Die rund 7.000 in Israel inhaftierten Palästinenser bleiben von der Wahl ausgeschlossen. Der Oberste Gerichtshof wies einen Antrag der Autonomiebehörde auf Zulassung der Gefangenen zurück, wie am Donnerstagabend aus Justizkreisen verlautete. Die Palästinenser hatten geltend gemacht, dass es keine gesetzliche Grundlage für einen Ausschluss gebe. Israelische Häftlinge dürfen in Israel wählen.

Radikale Palästinenser werfen Abbas vor, gegenüber Israel eine zu moderate Linie zu fahren. Im Gegensatz zu Arafat wird dessen früherer Stellvertreter von Israel als Verhandlungspartner akzeptiert.

Der frühere US-Präsident Jimmy Carter äußerte am Freitag die Hoffnung auf einen reibungslosen und friedlichen Wahlverlauf. Carter ist als Leiter einer Delegation amerikanischer Wahlbeobachter in den Nahen Osten gereist.

"Ich hoffe, dass die Palästinenser eine Regierung einsetzen, die dem Friedensprozess verpflichtet ist", sagte Carter nach einem Treffen mit dem israelischen Präsidenten Mosche Katzav.

Israel wird künftig von einer Großen Koalition regiert. Der Likud-Block von Ministerpräsident Ariel Scharon unterzeichnete eine entsprechende Vereinbarung mit der Arbeitspartei von Schimon Peres sowie der ultraorthodoxen Partei Vereinigtes Torah-Judentum, wie israelische Medien berichteten.

Scharon hat nach dem Zerfall seiner bisherigen Koalition nun erstmals wieder eine parlamentarische Mehrheit. Diese benötigt er vor allem, um den geplanten Abzug aus dem Gazastreifen durchzusetzen.

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