Wahl in Israel:Die Ein-Mann-Show geht weiter

Netanjahu und seine Anhänger jubeln, der Likud-Chef ruft einen "großen Sieg für das israelische Volk" aus. Doch davon kann kaum die Rede sein. Der Premier hat Israel in den vergangenen sechs Jahren seiner Amtszeit tief gespalten.

Kommentar von Peter Münch, Tel Aviv

Israels Demokratie schließt ein Ein-Parteien-System aus, eine Ein-Mann-Show aber hat sie zugelassen: Seit Jahren dominiert Benjamin Netanjahu die Jerusalemer Politik, er hat dem Land seinen Willen, seine Themen und seine ständigen Finten aufgezwungen. Nun war die vorgezogene Neuwahl zum Referendum über den seit sechs Jahren regierenden Likud-Premier erklärt worden - und Netanjahu darf schon wieder jubeln. Noch in der Nacht hat er einen "großen Sieg für den Likud, für das nationale Lager und für das israelische Volk" ausgerufen.

Davon kann allerdings dann kaum die Rede sein, wenn man über den Wahltag hinaus denkt. In den vergangenen sechs Jahren seiner Amtszeit hat Netanjahu Israel tief gespalten. Das spiegelt sich deutlich in diesem Wahlresultat wider, das ein zersplittertes Parlament hervorgebracht hat. Das heißt: Weder konnte Netanjahus Bilanz die Wähler vollständig überzeugen, noch hat es sein Herausforderer Herzog mit seiner Zionistischen Union vermocht, den Bürgern zu vermitteln, dass er die Kraft zum Neuanfang besitzt. Ein Land ist paralysiert durch die Politik seines Premiers.

Die Gräben in Israels Gesellschaft werden nun auch die Koalitionsverhandlungen prägen. Netanjahu mag in dem nun zu erwartenden Gezerre im Vorteil sein. Denn er hat es mit einem letzten, fast schon verzweifelt wirkenden Rechtsruck nicht nur geschafft, den zuvor in allen Umfragen ausgewiesenen Rückstand zu Herzog aufzuholen. Er dürfte unter den in der Knesset vertretenen Parteien im Lager der Rechten und Religiösen auch die besseren Koalitionsoptionen haben. Doch welchen Aufbruch will er den Bürgern nun versprechen?

An die Macht mit Angst

Für die drängenden sozialen Probleme des Landes hatte er in sechs Amtsjahren und auch im Wahlkampf keine Antworten. Wie soll er sie nun in seiner dritten Amtszeit in Folge finden? Er hat die Stimmen nicht gewonnen, in dem er Hoffnung verbreitet hat. Er hat allein auf Angst gesetzt - auf die Angst vor der iranischen Bombe, vor den Islamisten und vor einem künftigen Palästinenserstaat. Die Angst ist immer schon das Fundament seiner Macht gewesen, doch damit kann er niemals zum Gestalter werden, sondern bleibt der ewige Verhinderer.

Sollte er tatsächlich wieder die neue Regierung bilden, muss er überdies mit einer weiteren Hypothek kämpfen. Schon zuvor hatte er das Verhältnis zu den Verbündeten in den USA und in Europa auf manche harte Probe gestellt. Mit der kompromisslosen Absage an einen Palästinenserstaat, zu der er sich im Wahlkampffinale aus purer Überlebensangst aufgeschwungen hat, ist nun eigentlich die Geschäftsgrundlage mit den westlichen Partnern komplett zerstört. Israel droht die Isolation, und das ist mindestens genauso bedrohlich wie all die Gefahren, vor denen Netanjahu immer warnt.

Doch nun folgt auf den Wahlkampf erst einmal der Kampf um die Koalition - und die Show geht weiter.

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