Wenn sich in Griechenland die Pforten des Hades öffnen, dann sieht das so aus: Staatsbankrott, Rentner, die vergeblich auf ihr Geld warten, Tankstellen ohne Benzin. Das Bild könnte kaum düsterer sein. Die konservative Partei Nea Dimokratia von Premier Antonis Samaras hat es erfunden, für einen letzten Wahlkampfspot. Den Machtverlust vor Augen, hat sich Samaras für eine Angstkampagne entschieden. Sie dürfte das Gegenteil des von ihm Gewünschten erreichen.
Die Wähler soll das Grauen packen bei der Aussicht auf eine Regierung des linken Bürgerschrecks Alexis Tsipras und seine radikale Alternative Syriza. Aber viele Griechen lassen sich nach fünf Jahren Krise durch solche Katastrophenbilder kaum mehr beeindrucken. Sie haben schon genug Schrecken erlebt. Das heißt noch lange nicht, dass sie an das Erlöser-Szenario glauben, das ihnen der linke Herausforderer verspricht - weniger Steuern, weniger Schulden, mehr Jobs.
Griechenland kann ohne EU-Hilfe nicht überleben. Punkt
Im Werbefilmchen der Tsipras-Partei Syriza wird der Montag nach der Wahl an diesem Wochenende ein ganz normaler Tag sein: Die Menschen lachen, die Banken haben geöffnet, die Kinder gehen zur Schule. Hellas, eine heile Welt. Doch ob Hades oder Paradies - die Kontrahenten haben sich vor dieser Schicksalswahl erneut dafür entschieden, den Griechen Wahrheiten zu verschweigen und stattdessen Sündenböcke vorzuführen.
Zu diesen Wahrheiten gehört, dass Griechenland auch nach dem 28. Februar, wenn das EU-Kreditprogramm endet, nicht ohne Unterstützung der Euro-Länder auskommen kann. Diese Hilfe wird es wieder nicht umsonst geben - also nicht ohne Reformauflagen, gegen die sich Samaras zuletzt fast nur noch sperrte. Auch eine Syriza-Regierung wird mit den Partnern in Brüssel und Berlin reden müssen. Andernfalls werden die Banken in Athen tatsächlich bald ohne Bares bleiben.
Es ist daher ziemlich unklug, die EU zum Popanz aufzubauen, der für die Probleme Griechenlands die Hauptverantwortung trägt. Nichts anderes tut Tsipras, wenn er von "nationaler Erniedrigung" spricht und seinem Land künftig neue "Autonomie" verheißt. Ein Griechenland ohne europäische Lebensader ist eine Illusion. Das wissen auch die meisten Griechen. Drei Viertel von ihnen wollen den Euro behalten, und die meisten hätten auch jetzt gern darauf verzichtet, wählen zu gehen.