Wahl in Frankreich:Macron zeigt nur gegen Le Pen Feuer

Wahl in Frankreich: Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron blieb bei der Debatte im Fernsehen merkwürdig blass.

Präsidentschaftskandidat Emmanuel Macron blieb bei der Debatte im Fernsehen merkwürdig blass.

(Foto: AFP)

Auch wenn der französische Präsidentschaftskandidat viel redet: Eine prägende Idee von ihm bleibt nicht im Gedächtnis. Seine stärksten Momente in der TV-Debatte kommen im Duell mit der Chefin des Front National.

Analyse von Christian Wernicke, Paris

Frankreichs Präsident wird weiterhin am 7. Mai 2017 gewählt. Also nicht jetzt, nicht am frühen Morgen dieses 21. März, da nach mehr als drei Stunden und 20 Minuten die Scheinwerfer im Fernsehstudio von TF1 erloschen sind. Endlich!

Nein, keiner der fünf Aspiranten um das höchste Amt in der Republik hat in den 210 Sendeminuten die Macht im Staat gewonnen. Und niemand ist vollends gescheitert. Kein finaler Sieger, kein terminaler Verlierer. Aber es gab Trends. Jene kleine Minderheit der Franzosen, die es tatsächlich bis zum öden Ende aushielt vor dem Fernsehschirm, dürfte sehr wohl ihre Erkenntnisse gewonnen haben aus dem politischen Fünfkampf von Paris.

1. Die Sieger. Die Außenstürmer trafen. Marine Le Pen, die Vorsitzende des Front National, wie auch Jean-Luc Mélenchon, der Kandidat der extremen Linken, verstanden es geschickt, ihre Punkte zu machen. Schon Le Pens erstes Statement in dieser medialen Abnutzungsschlacht verzückte ihre Anhänger. Sie wolle, so sprach die europhobe Populistin, "wirkliche Präsidentin von Frankreich werden". Und nicht etwa nur "die Verwalterin eine ungefähren EU-Region sein, nicht die Vizekanzlerin von Madame Merkel". Le Pen bediente ihre Wählerschaft mit klaren Parolen gegen Ausländer und Islamisten. Nur, neue Anhänger dürfte sie mit ihrem harten Konfrontationskurs nicht gewonnen haben.

Auch Mélenchon, der Fundi am linken Ende des Spektrums, hinterließ Duftmarken. Er wolle, so sprach er, "der letzte Präsident der V. Republik sein" und per Referendum Frankreichs Präsidialsystem abschaffen. Mélenchon spielte den ewig Empörten, bisweilen zu Recht. Als die TV-Moderatoren anmerkten, das jüngste Gebaren "einiger Kandidaten" habe Verlangen nach mehr Moral und Anstand geweckt, korrigierte "der Unbeugsame": Nur zwei der fünf Studiogäste - Fillon und Le Pen - sähen sich Ermittlungsverfahren ausgesetzt, beide wegen zwielichtiger Finanztricks und mutmaßlich illegaler Scheinbeschäftigung ihrer parlamentarischen Assistenten. Die anderen drei, so fuhr Mélenchon gallig fort, seien unbefleckt: "Werfen Sie uns nicht in denselben Sack!" Eindeutig gewann der Polemiker Mélenchon den Zweikampf der Linken gegen den Sozialisten Benoît Hamon.

2. Der Verlierer. Der Linkssozialist Benoît Hamon und parteiinterne Dauergegner von Amtsinhaber François Hollande hatte nur einen starken Moment: Er attackierte Emmanuel Macron, den auf Spenden angewiesenen Chef der neugegründeten Bewegung "En Marche!", nicht mehr als ein "Kandidat des Geldes" und der Lobbyisten zu sein. Macron ließ sich in ein verbales Scharmützel verwickeln, Hamon gewann dieses Duell der beiden Ex-Minister. Hamons Versuch jedoch, die Debatte mit seiner Idee eines "universellen Einkommens" für alle Franzosen ab 18 Jahren zu prägen, scheiterte. In einer Blitzumfrage unter 1100 Zuschauern unmittelbar nach der Debatte bekundeten nur elf Prozent, der Linkssozialist habe sie überzeugt.

Von Macron blieb keine prägende Idee im Gedächtnis

3. Patt in der Mitte. Emmanuel Macron, zuletzt der Star des Wahlkampfs, zeigte Nerven. In seiner allerersten TV-Debatte als Präsidentschaftskandidat reagierte der 39-jährige Favorit der Umfragen sichtlich gereizt auf die vielen Attacken von links und rechts. Der Sozialliberale präsentierte sich als Pragmatiker, griff lobend Ideen von Hamon wie von Fillon auf. Aber er blieb merkwürdig blass. Starke Momente hatte Macron nur, als er sich in der zweiten Hälfte des Abends mit Le Pen anlegte: Er geißelte ihre Verbindungen zu Kreml-Chef Wladimir Putin und verteidigte Europa.

Hingegen schonte Macron seinen eigentlichen Konkurrenten um die Gunst der Wähler, den von Skandalen belasteten Republikaner François Fillon. Zwar erklärten die meisten Zuschauer (29 Prozent), Macron habe sie überzeugt. Er redete viel. Aber nach mehr als drei Stunden Sendezeit blieb kein Moment, keine Idee zurück, mit der Macron die Debatte geprägt hätte.

Also Vorteil Fillon. Der Republikaner spielte den Elder Statesman - und seine Konkurrenten ließen ihn gewähren. Geschickt dosierte Fillon seine Attacken: Zu Terror, Immigration oder Islam griff er die Linke an - derweil mied er es, Front-National-Chefin Le Pen zu widersprechen. Zur Abgrenzung gegenüber der extremen Rechten nutzte der Konservative hingegen die Wirtschaftspolitik und Europa: Le Pen, so warnte Fillon würde Frankreich - per Ausstieg aus EU und Euro - "ins wirtschaftliche und soziale Chaos" führen.

Das direkte Duell zwischen Fillon und Macron endete unentschieden. Der frühere Premierminister insinuierte, Macron habe keine klare Linie: "Ein bisschen nach links, ein bisschen nach rechts." Macron wiederum präsentierte sich als "Kandidat der Erneuerung" - und warf Fillon vor, er schlage heute die Abschaffung der 35-Stunden-Woche oder andere harte Reformen vor, "die Sie in fünf Jahren Regierungszeit nie angepackt haben".

Macron, zuletzt der Favorit, zeigte Schwächen. Und Fillon, der von Affären gebeutelte Kandidat, nutzte, was Vertraute vorher seine "letzte Chance" genannt hatten: Er bleibt im Rennen, mindestens bis zum 23. April. Dann steht keine TV-Debatte mehr an, dann wird - im ersten Durchgang - bereits gewählt.

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