Süddeutsche Zeitung

Wahl in Frankreich:48 500 Euro für Nobelkleidung

  • François Fillon hat ein Programm einschneidender Wirtschafts- und Sozialreformen vorgestellt.
  • Die Präsentation des Präsidentschaftskandidaten wurde jedoch von Meldungen überschattet, er habe sich kürzlich maßgeschneiderte Anzüge von einem noblen Pariser Modehaus anfertigen und von einem reichen Gönner bezahlen lassen.

Von Christian Wernicke, Paris

Mit einem Programm einschneidender Wirtschafts- und Sozialreformen hat François Fillon, der von Skandalen belastete Präsidentschaftskandidat der französischen Republikaner, am Montag einen Neustart seiner Kampagne versucht. So will Fillon innerhalb von fünf Jahren 500 000 Stellen im Staatsdienst streichen, die Arbeitszeit der Beamten von 35 auf 39 Wochenstunden erhöhen sowie die öffentlichen Ausgaben um hundert Milliarden senken. Fillons Präsentation wurde jedoch von Meldungen überschattet, er habe sich kürzlich zwei maßgeschneiderte Anzüge von einem noblen Pariser Modehaus anfertigen und von einem reichen Gönner bezahlen lassen.

Dem Journal de Dimanche liegt eine Einkaufsliste vor: Die Summe soll sich auf 48 500 Euro belaufen

Fillon beteuerte, er würde als Präsident unmittelbar nach seiner erhofften Wahl am 7. Mai eine ganze Serie harter Reformen beginnen. Vier Fünftel der Veränderungen will der Konservative bis Ende des Jahres durchsetzen. Dazu zählt auch die Abschaffung der gesetzlichen 35-Stunden-Woche und eine Erhöhung des Renteneintrittsalters von bisher 62 auf dann 65 Jahren. Damit bestätigte Fillon am Montag die Eckpunkte jenes Programms, mit dem er im vergangenen November die Vorwahl der französischen Rechten und damit die Spitzenkandidatur gewonnen hatte. Nach Protesten aus der eigenen Partei hatte der Republikaner bereits im Januar Pläne für drastische Leistungskürzungen in der staatlichen Krankenversicherung entschärft.

Empört wies Fillon den Verdacht zurück, er lasse sich von reichen Gönnern aushalten. Er bestätigte jedoch Berichte, wonach ein anonymer Bekannter ihm erst Ende Februar zwei Maßanzüge des Modehauses Arnys bezahlt habe: "Ein Freund hat mir die Anzüge angeboten, na und?" Dem Journal de Dimanche liegt offenbar ein ganze Liste von Fillons Käufen bei Arnys seit 2012 vor, darunter ein Anzug (7000 Euro), drei Jacken mit Mao-Kragen (Modell "Veste Forestière", 15 000 Euro insgesamt) und ein Blazer (4500 Euro). Die Gesamtsumme beläuft sich auf 48 500 Euro. Davon sollen 35 500 Euro bar bezahlt worden sein. Unklar blieb zunächst, von wem.

Laut französischem Recht hätte Fillon die Geschenke bei einer Transparenz-Behörde melden müssen. Am Mittwoch wurde Fillon zu Vernehmungen vorgeladen. Der Kandidat muss mit einer Anklage wegen der mutmaßlichen Scheinbeschäftigung seiner Ehefrau als "Assistentin" rechnen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3418050
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 14.03.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.