Süddeutsche Zeitung

Wahl in den Niederlanden:Rechtspopulist Wilders unterliegt klar bei Wahl in den Niederlanden

  • Die rechtsliberale Partei VVD des amtierenden Ministerpräsidenten Mark Rutte hat bei der Parlamentswahl in den Niederlanden klar gesiegt.
  • Die Partei des Islamfeinds und Rechtspopulisten Geert Wilders bleibt hinter den Erwartungen zurück.
  • Für eine Regierungskoalition muss sich Rutte allerdings neue Partner suchen, da sein bisheriger Koalitionspartner ein historisch schlechtes Ergebnis erzielt.

Von Frank Nienhuysen

Bei der Parlamentswahl in den Niederlanden hat die Regierungspartei von Ministerpräsident Mark Rutte deutlich gewonnen und damit einen Erfolg der EU-feindlichen Partei von Geert Wilders verhindert. Rutte sprach von einem "Fest der Demokratie". Der niederländische Wähler habe Nein gesagt zu der "falschen Form von Populismus". Seine rechtsliberale VVD kam nach Prognosen auf 31 Sitze und verlor damit zehn Mandate. Wilders' PVV erhielt trotz eines Zuwachses nur 19 Sitze. Lange Zeit hatten beide Parteien in Umfragen dicht beieinander gelegen, sogar ein Triumph der Rechtspopulisten war für möglich gehalten worden.

Die bisherige große Koalition aus der VVD und den Sozialdemokraten wurde jedoch abgewählt, weil die Arbeitspartei PvdA abstürzte. Rutte steht nun vor seiner dritten Amtszeit als niederländischer Regierungschef. Wegen der großen Zahl an Parteien, die den Sprung ins Parlament geschafft haben, wird jedoch mit einer schwierigen Regierungsbildung gerechnet, die sich über Monate hinziehen kann. Die künftige Koalition dürfte aus mindestens vier Fraktionen bestehen.

Schon im Wahlkampf hatten alle maßgeblichen Parteichefs ein Bündnis mit Wilders' PVV ausgeschlossen. Gleichauf mit Wilders' Rechtspopulisten lagen die Christdemokraten und die linksliberale D66. Die Partei Grün-Links hatte mit einer ausdrücklich Einwanderer-freundlichen Politik gegen den rechtspopulistischen Trend in Europa Erfolg und kam auf 16 Sitze. Da die Stimmen per Hand ausgezählt werden, gab es auch nach Mitternacht keine Hochrechnungen. Für die 150 Sitze hatten sich 28 Parteien beworben.

Klarer Sieg des pro-europäischen Lagers

Der Wahlkampf war emotionsgeladen wie seit vielen Jahren nicht mehr, geprägt von einer heftigen Debatte über Einwanderung, der Krise der Europäischen Union und einem diplomatischen Machtkampf mit der Türkei unmittelbar vor der Abstimmung. Entsprechend groß war das Interesse, 82 Prozent der knapp 13 Millionen Stimmberechtigten gingen zur Wahl, mehr als bei den vergangenen Parlamentswahlen. In vielen Städten bildeten sich Schlangen vor den Abstimmungslokalen.

Der klare Sieg des pro-europäischen Lagers in den Niederlanden könnte auch Signalwirkung für ganz Europa haben. Bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich im April und Mai dürfte die EU-Gegnerin und islamfeindliche Kandidatin Marine Le Pen die Stichwahl erreichen. Und im September ist Bundestagswahl. Premier Rutte hatte die Niederlande-Wahl deshalb auch als ein "Viertelfinale" bezeichnet.

Wilders: Rutte ist mich noch lange nicht los

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich erleichtert über den Wahlausgang in den Niederlanden. "Ich freue mich auf weiter gute Zusammenarbeit als Freunde, Nachbarn, Europäer", zitierte Regierungssprecher Steffen Seibert sie auf Twitter. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sagte, die überwältigende Mehrheit der Niederländer habe "der Hetze von Geert Wilders und seiner unsäglichen Haltung gegenüber ganzen Bevölkerungsgruppen" eine Absage erteilt.

Wilders hatte sich klar für einen "Nexit" ausgesprochen, also für einen Austritt des Gründungsmitglieds Niederlande aus der Europäischen Union. Im Falle eines Triumphes wollte er auch Moscheen schließen und, wenngleich vor allem symbolisch, den Koran verbieten. Trotz seines verfehlten Sieges sagte Wilders, "Rutte ist mich noch lange nicht los." Schon bei der Stimmabgabe beanspruchte der Rechtspopulist in jedem Fall einen Erfolg für sich. "Wie immer die Wahl ausgeht, der Geist wird nicht zurück in die Flasche gehen, diese patriotische Revolution wird stattfinden, heute oder morgen", sagte Wilders.

Rutte hatte am Wahltag vor einem Erfolg der Wilders-Partei gewarnt. In diesem Falle würde nach dem Brexit und dem Sieg von Donald Trump in den USA "der Rest der Welt erleben, dass die falsche Art von Populismus ein weiteres Mal gesiegt hätte", sagte er. Rutte hatte auf die hohen Umfragewerte der anti-europäischen PVV in den vergangenen Monaten reagiert und seinerseits den Ton in der Einwanderungsfrage verschärft. Im Januar sorgte er für Aufsehen, als er Einwanderern "normales Verhalten" abverlangte, andernfalls sollten diese das Land verlassen. Zuletzt zeigte er sich im Konflikt mit der Türkei ungewohnt kompromisslos. Auftritte von türkischen Ministern verweigerte Den Haag. Auch nach Drohungen und Beleidigungen durch Staatschef Recep Tayyip Erdoğan sowie einem Einreiseverbot für Diplomaten gab Rutte nicht nach.

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SZ vom 16.03.2017/bepe
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