Wahl in AfghanistanZwei Regierungen, null Zukunft
In Kabul beanspruchen jetzt zwei Männer den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen: Doch wenn der Sieger alles nimmt, dann droht Afghanistan ein Desaster.
Ein Kommentar von Tobias Matern
Es ist noch nichts entschieden, und doch verdüstert sich die Lage bereits jetzt. Laut vorläufigem Ergebnis führt Aschraf Ghani das Rennen um die Präsidentschaft in Afghanistan an, die Behörden haben aber auch erklärt: Das endgültige Wahlresultat kann sich ändern, erst müssen alle Beschwerden abgearbeitet werden. Trotzdem steigt die Gefahr, dass sich das, was als erste demokratische Machtübergabe in die Geschichte eingehen sollte, zum Chaos auswächst.
Denn Abdullah Abdullah, der zweite verbliebene Bewerber, hat erklärt, er sei der Sieger. Die Wahl sei gefälscht worden, er werde niemals eine Niederlage einräumen. Es ist Abdullahs Recht, auf Missstände hinzuweisen. Und dass sämtliche Stimmen zählen, sind die Politiker allen Afghanen schuldig, die sich mit dem Gang zur Urne in Lebensgefahr gebracht haben.
Aber Abdullah positioniert sich zu eindeutig, um seine aufgebrachten Anhänger noch besänftigen zu können, wenn ihn auch das Endergebnis als Verlierer ausweist. In Afghanistan funktioniert Politik bisher aber vor allem durch Deals, werden ehemalige Feinde mit Posten ruhiggestellt.
Abdullah indes verengt seinen Spielraum: Alles oder nichts ist seine Devise. Dabei braucht Afghanistan eine Regierung, in der potenziell auch Platz für den geschlagenen Kandidaten ist. Nur mit einer breiten Koalition lässt sich das Land vielleicht befrieden, nur so machen Verhandlungen mit den Taliban Sinn.