In der ersten Runde der vorgezogenen Parlamentswahl in Frankreich liegt der rechtsnationale Rassemblement National nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis vorn. Das Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron landete hinter dem Linksbündnis Nouveau Front populaire auf Platz drei. Wie viele Sitze die Blöcke in der Nationalversammlung letztlich bekommen, wird aber erst in Stichwahlen am 7. Juli entschieden.
Nach der Wahlschlappe bei der Europawahl Anfang Juni hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron noch am Wahlabend Neuwahlen ausgerufen. Damals wählten mehr als 31 Prozent in Frankreich den Rassemblement National (RN), das sind mehr als doppelt so viele Stimmen, wie Macrons Partei erhielt. Macrons Entscheidung, Neuwahlen auszurufen, war in Frankreich heftig umstritten.
Für Macron ist das Ergebnis eine herbe Niederlage. Er hatte darauf gesetzt, mit der vorgezogenen Neuwahl die relative Mehrheit seiner Mitte-Kräfte im Unterhaus auszubauen. Sollte keines der Lager eine absolute Mehrheit erlangen, stünde Frankreich vor zähen Verhandlungen um eine Koalition.
Erste Prognosen gingen davon aus, dass die Rechtsextremen und ihre Verbündeten im Unterhaus mit 230 bis 280 Sitzen stärkste Kraft werden könnten. An der absoluten Mehrheit mit 289 Sitzen könnten sie aber vorbeischrammen. Auch die Linken könnten zulegen und auf 125 bis 200 Sitze kommen. Macrons Liberalen droht, auf nur noch 60 bis 100 Sitze abzusacken. Genaue Aussagen zur Sitzverteilung sind bisher aber schwierig. Vor der zweiten Wahlrunde können die Parteien noch lokale Bündnisse schmieden, die den Wahlausgang beeinflussen.
Ein Zusammenkommen der grundverschiedenen politischen Akteure für ein Regierungsbündnis nach der Wahl ist derzeit nicht absehbar. Ohne klare Mehrheit in der Nationalversammlung würde Frankreich Stillstand drohen. Da die Nationalversammlung die Regierung stürzen kann, benötigt diese für ihre Arbeit eine Mehrheit in der Parlamentskammer.
Frankreich:Eine Mehrheit ohne Le Pen ist noch möglich
Frankreich hat gewählt – doch noch ist nichts entschieden. Erst die Stichwahl in einer Woche wird zeigen, welche Partei die meisten Sitze im Parlament für sich gewinnen kann. Welche Szenarien denkbar sind: Eine Analyse in Karten und Grafiken.
Die Neuwahlen finden in zwei Durchgängen am 30. Juni sowie am 7. Juli statt, 577 Abgeordnete werden in die neue Nationalversammlung gewählt. Um den Präsidentschaftsposten geht es bei der Parlamentswahl nicht, Macron wird auch nach der Wahl Frankreichs Präsident bleiben.
Die Abgeordneten für die französische Nationalversammlung werden in jedem Wahlkreis direkt gewählt. Um bereits nach dem ersten Wahlgang als Gewinnerin oder Gewinner festzustehen, müssen die Kandidatinnen und Kandidaten eine absolute Mehrheit von mehr als 50 Prozent holen. Das geschieht nur selten, weshalb die meisten Sitze erst nach der Stichwahl am 7. Juli vergeben werden.
So haben die Wahlkreise gewählt
Wo es zur Stichwahl kommt und welche Partei aus dem ersten Wahlgang als Gewinner hervorgegangen ist, können Sie der folgenden Karte entnehmen. Sobald erste Wahlkreise vollständig ausgezählt sind, wird die Karte live aktualisiert.
Frankreich:So hat Frankreich in den Wahlkreisen gewählt
Frankreich hat ein neues Parlament gewählt. Diese Karten zeigen die Ergebnisse in allen Wahlkreisen. Wo Macron verloren und Marine Le Pen triumphiert hat.
So funktioniert die Parlamentswahl in Frankreich
Die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung werden nach einem Mehrheitswahlrecht in maximal zwei Wahlgängen direkt gewählt. Wenn im ersten Wahlgang am 30. Juni keine Kandidatin und kein Kandidat eine absolute Mehrheit in einem Wahlkreis erzielen kann, kommt es am 7. Juli zur Stichwahl. Für eine absolute Mehrheit gibt es zwei Bedingungen: Ein Kandidat muss mehr als 50 Prozent der Wählenden von sich überzeugt haben, und mindestens 25 Prozent aller registrierten Wahlberechtigten müssen für ihn gestimmt haben. Die Wahlbeteiligung spielt also auch eine Rolle.
In die Stichwahl ziehen alle Kandidatinnen und Kandidaten ein, für die mindestens 12,5 Prozent aller Wahlberechtigten gestimmt haben. Auch hier ist die Wahlbeteiligung also mitentscheidend.
Insgesamt gibt es in Frankreich 577 Wahlkreise. 556 davon liegen auf dem französischen Festland und Korsika, zehn in den Überseegebieten und elf Wahlkreise repräsentieren die im Ausland lebenden Französinnen und Franzosen.
Parlamentswahl in Frankreich:Le Pen bleibt Le Pen
Eine Obergrenze für Migranten, Sozialwohnungen nur für Franzosen, ein „Big Bang der Autorität“: Was der rechtsextreme Rassemblement National vorhat, wenn er an die Macht käme.
Die wichtigsten Parteien im Überblick
Ensemble pour la République (ENS): Wahlbündnis bestehend aus Macrons Partei „Renaissance“, sowie den Parteien „Mouvement démocrate“, „Horizons“, „Parti radical“ sowie der „Union des démocrates et indépendants“.
Rassemblement National (RN): Rechtspopulistische Partei um Marine Le Pen, seit November 2022 unter der Leitung von Jordan Bardella. RN wurde bei der Europawahl stärkste Kraft in Frankreich mit über 31 Prozent.
Nouveau Front populaire (NFP): Linkes Wahlbündnis aus „Les Écologistes“, „La France insoumise“, der „Parti communiste français“, der „Parti socialiste“ sowie weiteren Klein-Parteien.
Les Républicains (LR): Republikanische Partei, die sich kurz vor der Wahl zerstritten hat. Nachdem der Parteivorsitzende Éric Ciotti am 11. Juni verkündete, ein Wahlbündnis mit Le Pens Rassemblement National (RN) einzugehen, wurde Ciotti nach heftigem Unmut im Vorstand bereits am Folgetag aus der Partei ausgeschlossen. Ein Gericht erklärte Ciottis Ausschluss inzwischen für ungültig, da der Ausschluss gegen die Satzung der Partei verstoßen habe.
Reconquête (REC): Rechtsextreme Partei um Éric Zemmour. Nachdem zuletzt vier Politiker aus den eigenen Reihen dazu aufgerufen hatten, bei der Parlamentswahl den Rassemblement National zu unterstützen, wurden die vier neu ins Europaparlament gewählten Abgeordneten aus der Partei ausgeschlossen.