Waffenlobbyist in Haft:Schreiber soll bald vor Gericht

Nach zehn Jahren juristischem Tauziehen hat Kanada Karlheinz Schreiber an Deutschland ausgeliefert. Der frühere Waffenlobbyist, der als Schlüsselfigur in der CDU-Spendenaffäre gilt, ist nach seiner Festnahme in München in die JVA Augsburg gebracht worden. Das Landgericht Augsburg will jetzt möglichst schnell den Prozess gegen Schreiber eröffnen.

Der Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber ist in Deutschland angekommen. Eine Linienmaschine der Air Canada mit der Flugnummer AC 846 aus Toronto mit Schreiber an Bord setzte am Montag gegen 9:25 Uhr am Münchner Flughafen auf.

Karlheinz Schreiber, ddp

Karlheinz Schreiber bei seiner Ankunft vor der JVA Augsburg.

(Foto: Foto: ddp)

Zu sehen bekam die versammelte Presse Schreiber allerdings nicht. Unbehelligt von den Kameras wurde er um 9:38 Uhr in einer Limousine mit einem voranfahrenden Polizeiauto mit eingeschaltetem Blaulicht vom Flughafen weggebracht. Die Behörden sorgten für einen weitgehend geräuschlosen Vorgang. Zuschauer fanden sich nicht ein, um die Ankunft des Waffenlobbyisten zu sehen.

Gegen 11:30 Uhr wurde er mit einem Polizeiwagen in die Justizvollzugsanstalt nahe des Augsburger Doms gebracht. Als ein Pulk von Fotografen auf das Auto zustürmte, fuhr der Wagen zunächst wieder davon und kam nach kurzer Zeit zurück. Der Haftbefehl soll dem 75-Jährigen dort am Dienstagvormittag um zehn Uhr vom zuständigen Richter der Wirtschaftsstrafkammer eröffnet werden.

Das Landgericht Augsburg will möglichst schnell den Prozess gegen Schreiber eröffnen. Es gebe bei Beschuldigten in Untersuchungshaft ein Beschleunigungsgebot, sagte ein Gerichtssprecher. Allerdings werde es ein umfangreiches Verfahren werden, was Zeit in Anspruch nehme. Einen Zeitplan gebe es bisher noch nicht, für eine Prognose sei es noch zu früh. Allerdings werde, so Landgerichtspräsident Herbert Veh, der Termin der Bundestagswahl keine Rolle spielen. Im Falle einer Verurteilung drohen Schreiber bis zu 15 Jahre Haft, sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz in Augsburg.

Zunächst erwartet ihn eine neun Quadratmeter große Zelle, wie die Leiterin der Justizvollzugsanstalt, Zoraida Maldonado de Landauer, mitteilte. Schreiber könne pro Monat zweimal für eine halbe Stunde Besuch empfangen. Täglich stehe ihm eine Stunde Freigang im Gefängnishof zu.

Nach einem zehnjährigen Kampf gegen seine Auslieferung war der frühere Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber von Kanada nach Deutschland abgeschoben worden. Der Geschäftsmann, eine Schlüsselfigur der CDU-Spendenaffäre, soll in Augsburg unter anderem wegen millionenschwerer Steuerhinterziehung und Bestechung vor Gericht gestellt werden.

Laut Augsburger Staatsanwaltschaft hatte er von Thyssen für mehrere Rüstungsprojekte etwa 15 Millionen Euro kassiert. Seit Mitte der achtziger Jahre bis 1995 soll er mit Hilfe ausländischer Tarnfirmen Geld über Schweizer Nummernkonten an Industrielle und Politiker verteilt haben.

Eine Millionenspende überreichte er laut Staatsanwaltschaft in einem Koffer dem früheren CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep. Der ehemalige Verteidigungsstaatssekretär Holger Pfahls hatte von Schreiber 3,8 Millionen Mark Schmiergeld für Hilfe beim Verkauf von Fuchs-Transportpanzern nach Saudi-Arabien angenommen.

"Ausweisung in Übereinstimmung mit dem Gesetz"

Schreiber hatte sich seit 1999 mit allen juristischen Mitteln gegen seine Ausweisung gewehrt. In der Erklärung des kanadischen Justizministers Rob Nicholsons hieß es, Schreiber sei aufgrund einer gültigen Ausweisungsverfügung seines Vorgängers Irwin Cotler vom 31. Oktober 2004 an Deutschland übergeben worden. "Seine Auslieferung an die deutschen Behörden war in voller Übereinstimmung mit dem Gesetz und entsprach dem Geist und Zweck der Ausweisung", betonte der Minister.

Die Regierung in Ottawa hatte Schreiber nach Angaben des kanadischen Fernsehsenders CTV schon am Freitagabend überraschend informiert, dass er sich innerhalb von 48 Stunden in Abschiebehaft einfinden muss. Dagegen legte er erneut Widerspruch ein, der jedoch am Sonntag vom Berufungsgericht der Provinz Ontario in einer Eilentscheidung zurückgewiesen wurde.

Schreiber kam daraufhin gegen 17:00 Uhr in Begleitung seiner Ehefrau Bärbel mit einem Taxi zum Abschiebezentrum in Toronto. Zu Journalisten sagte er, seine Ausweisung sei politisch motiviert. Die SPD erhoffe sich dadurch Vorteile für die Bundestagswahl im September. "Die Sozialdemokraten haben mit meinem Fall in der Vergangenheit schon drei Wahlen gewonnen", sagte er mit Blick auf die Untersuchungsarbeit zur CDU-Spendenaffäre.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte erst am Donnerstag bei der kanadischen Regierung auf eine zügige Auslieferung Schreibers gedrängt. In einem Fax an ihren Amtskollegen Rob Nicholson bat sie, einem entsprechenden Ersuchen zuzustimmen, damit das "gegen Schreiber geführte Verfahren endlich fortgeführt werden kann", berichtete das Magazin Der Spiegel am Wochenende.

Mit seinem letzten Einspruch hatte Schreiber seine Abschiebung nochmals in letzter Sekunde abwenden wollen. Richterin Barbara Conway wies seine Eingabe jedoch ab. "Herr Schreiber ist einen langen Weg gegangen, um gegen seine Auslieferung an Deutschland zu kämpfen. Er ist jetzt am Ende dieses Weges."

Schmiergeldgeschäft in Kanada

Schreibers Anwalt Edward Greenspan hatte dagegen argumentiert, der Abschiebebefehl am Freitagabend sei "unfair" und "willkürlich". Wegen des Wochenendes könne sich sein Mandant nicht gegen das Verfahren wehren. "Wenn er einmal im Flugzeug sitzt, bringt ihn nichts mehr zurück."

Nach Angaben des kanadischen Justizministeriums wandte Schreiber sich elfmal an den Minister, fünfmal legte er Widerspruch beim Berufungsgericht der Provinz Ontario ein, viermal zog er vor Kanadas Obersten Gerichtshof.

In Kanada hatte Schreiber wegen eines Schmiergeldgeschäfts mit dem früheren kanadischen Premier Brian Mulroney für Schlagzeilen gesorgt. Zuletzt hatte ihm Justizminister Nicholson Aufschub zugesagt, bis die mit dem Fall beauftragte Untersuchungskommission ihre Arbeit abgeschlossen hat.

Die Anhörungen gingen am 28. Juli zu Ende. "Von diesem Tag an stand Herr Schreiber für eine Ausweisung zur Verfügung", hieß es in der Erklärung des Ministers. Schreibers Frau Bärbel hat eigenen Angaben zufolge über ihr persönliches Schicksal noch nicht entschieden.

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