Waffenlieferung an syrische Rebellen:Clinton und McCain fordern mehr Engagement von Obama

Barack Obama Bill Clinton

Spannung zwischen Parteifreunden: US-Präsident Obama und Bill Clinton im Jahr 2012

(Foto: dpa)

Nach Monaten des Abwartens sieht US-Präsident Obama die "rote Linie" überschritten. Weil Syriens Präsident Assad chemische Waffen eingesetzt haben soll, will Obama die syrische Opposition mit Waffen unterstützen. Kritik kommt weiterhin von den Republikanern - zuletzt hatte sich auch Bill Clinton mit harten Worten gegen seinen Parteifreund gewandt.

Von Jakob Schulz

US-Präsident Barack Obama wählte seine Worte monatelang vorsichtig. Jeden neuen Bericht über den Einsatz chemischer Waffen im syrischen Bürgerkrieg kommentierte die US-Regierung äußerst zurückhaltend - und forderte mehr Beweise. Diese sieht das Weiße Haus nun offenbar als erbracht. Die USA haben keinen Zweifel mehr daran, dass Syriens Machthaber Baschar al-Assad chemische Giftstoffe wie Sarin gegen seine Gegner eingesetzt hat.

Damit habe Assad jene "rote Linie" überschritten, von der Obama erstmals 2012 gesprochen hatte. Die Reaktion aus Washington geht nun weiter als jemals zuvor. Erstmals erklären sich die USA bereit, nicht mehr nur "nicht tödliche" Hilfsgüter an die syrischen Rebellen liefern zu wollen. Stattdessen darf die Opposition nun offenbar auch mit Waffenlieferungen rechnen. Munition, Kleinwaffen, eventuell sogar Panzerabwehrwaffen soll die Central Intelligence Agency (CIA) an moderate Rebellengruppen liefern.

Die Regierung in Damaskus wies die Darstellung der USA prompt als falsch zurück. Die Erklärung des Weißen Hauses sei "mit Lügen gespickt", zitiert die amtliche Nachrichtenagentur Sana einen Vertreter des syrischen Außenministeriums.

Widerspruch kommt auch aus Russland. Ein Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Juri Uschakow, nannte die Vorwürfe "nicht überzeugend". Das Vorhaben der USA, die gegen die Truppen von Präsident Baschar al-Assad kämpfenden Rebellen mit Waffen auszustatten, werde das Bemühen um eine friedliche Lösung komplizierter machen. Die russische Regierung erwäge allerdings "noch nicht", Assad als Reaktion auf die US-Haltung Flugabwehrraketen vom Typ S-300 zu liefern, sagte Uschakow.

Die deutsche Regierung will nach eigenen Angaben auch weiter keine Waffen an die syrische Opposition liefern. Bei dieser Position bleibe es, Deutschland dürfe schon aus "rechtlichen Gründen" keine Waffen in ein Bürgerkriegsgebiet ausführen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Ein Sprecher des Außenamtes ergänzte, die deutsche Regierung habe keine eigenen Erkenntnisse, was den Einsatz tödlicher Giftgase durch das Assad-Regime angehe.

McCain fordert Flugverbots- und Sicherheitszonen

Den innenpolitischen Gegnern des US-Präsidenten geht die Zusage hingegen nicht weit genug. Senator John McCain brachte einen US-Einsatz in Syrien ins Gespräch, notfalls auch ohne Mandat der Vereinten Nationen. Der republikanische Präsidentschaftskandidat von 2008 hatte Obama seit Monaten wegen seiner zögerlichen Haltung im Syrien-Konflikt kritisiert.

In einem Interview mit dem TV-Sender Phoenix forderte er, Flugverbotszonen über Syrien einzurichten und die Bevölkerung mit Sicherheitszonen im Land zu schützen. "Es ist beschämend, dass die USA keine Führungsrolle übernommen haben und Deutschland nicht einbezogen wurde in den Versuch, ein Massaker mit den Dimensionen eines Völkermordes zu verhindern", sagte der Senator. "Ich glaube, die Geschichte wird hart über uns urteilen."

Im Vorfeld von Obamas Entscheidung hatte ausgerechnet der demokratischen Ex-Präsident Bill Clinton den Druck auf die US-Regierung erhöht. Er stimme mit McCain überein, dass Obama mehr unternehmen sollte, um die syrische Opposition zu unterstützen, sagte Clinton dem US-Blog Politico zufolge in einem Gespräch mit dem republikanischen Senator. In dem Gespräch, das bereits am Dienstag stattfand, warnte Clinton seinen Nachfolger Obama, wie ein "Narr" auszusehen, wenn er sein Handeln ausschließlich von Meinungsumfragen abhängig mache. Er verwies auch auf seine eigenen Entscheidungen, 1995 in Bosnien und 1999 im Kosovo einzuschreiten.

Clinton gegen US-Soldaten in Syrien

Anders als McCain verwahrte sich Clinton jedoch gegen den Gedanken, US-Soldaten in die Region zu schicken. "Niemand fordert amerikanische Soldaten in Syrien", sagte er. "Aber sollten wir nicht etwas tun, um die Russen, die Iraner und die Hisbollah zu bremsen und die Kräfteverhältnisse auszugleichen?"

Das Weiße Haus wies die Forderungen der beiden Politiker umgehend zurück. Präsident Obama werde sich bei seiner Entscheidung von den Sicherheitsinteressen der Vereinigten Staaten, nicht aber von der Meinung einiger Kritiker leiten lassen, hieß es.

Deutsche Politiker uneinig

Auch in Deutschland sorgten die Nachrichten aus den USA für Diskussionen. SPD-Franktionschef Frank-Walter Steinmeier kritisierte die angekündigten Waffenlieferungen. Es gebe in Syrien "in einem keinen Mangel, und das sind Waffen", sagte Steinmeier am Freitag im RBB-Inforadio. Der SPD-Politiker kritisierte auch die europäischen Außenminister, die sich zuletzt zu sehr um die Frage von Waffenlieferungen und zu wenig um humanitäre Hilfen gekümmert hätten. Hier liege "das eigentliche Defizit deutscher und europäischer Außenpolitik".

Die Union dagegen begrüßte die Ankündigung aus Washington, Waffenlieferungen zu erwägen. "US-Präsident Barack Obama macht deutlich, dass die USA zu den von ihnen gezogenen roten Linien stehen", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), der Rheinischen Post. Befürchtungen, damit könnten auch Waffen in die Hände von radikal-islamischen Gruppen gelangen, wies Polenz zurück: "Obama wird die Kräfte unterstützen, die einem demokratischen, multiethnischen und religiös toleranten Syrien verpflichtet sind."

Die Linkspartei zog die Angaben aus Washington in Zweifel. Obama konstruiere "einen Kriegsgrund für Syrien", erklärte der Fraktionssprecher für Außenpolitik, Jan van Aken. "Die Beweislage ist dünn, ganz dünn." Sollte tatsächlich Giftgas in Syrien eingesetzt worden sein, "bleibt völlig offen, wer es eingesetzt hat".

Mit Material von AFP, Reuters und dpa.

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