Vorwurf an die US-Regierung:"Indiskretion schwächt Überwachung al-Qaidas"

Wegen eines Informations-Lecks im Weißen Haus kann sich al-Qaida offenbar besser der Beobachtung durch Sicherheitsexperten entziehen.

Christian Wernicke

Indiskretionen von hochrangigen US-Regierungsberatern haben offenbar dazu geführt, dass die Propaganda-Abteilung des Terrornetzwerkes al-Qaida sich seit September erfolgreicher der Überwachung durch westliche Geheimdienste und Sicherheitsexperten entziehen kann.

Diesen Vorwurf erhebt ein US-Unternehmen, das seit Jahren im Internet verschlüsselte al-Qaida-Informationen abzufangen versucht. Die Firma hatte wiederholt Regierungen und private Kunden, zumeist Großunternehmen, vor drohenden Attentaten gewarnt.

Zu der Panne kam es, nachdem die Firma Site Anfang September im Internet auf das jüngste, damals noch unveröffentlichte Video von Osama bin Laden gestoßen war. Der Terrorist hatte eine Botschaft zum sechsten Jahrestag des Anschlags vom 11. September produzieren lassen.

Laut Washington Post informierte Site-Chefin Rita Katz am Morgen des 7. Septembers zwei enge Mitarbeiter von Präsident George W. Bush über ihre Entdeckung. Per E-Mail habe Katz dem Weißen Haus einen vertraulichen Link zu einer Site-Webseite übermittelt, auf der das Video zu sehen war.

"Techniken sind nun unwirksam"

Ausdrücklich habe man die Regierung um höchste Vertraulichkeit gebeten. Laut Katz riefen jedoch binnen 20 Minuten zahlreiche Mitarbeiter der 16 US-Geheimdienste die Informationen ab.

Am Nachmittag berichteten mehrere US-Fernsehsender von dem Video - einen Tag vor der Veröffentlichung durch die Medienabteilung von al-Qaida. Daraufhin, so die Firmenchefin, habe al-Qaida seinen Schutz verbessert: "Techniken, die Jahre der Entwicklung brauchten, sind nun unwirksam."

Das Weiße Haus bestritt am Dienstag, dass die Indiskretion direkt aus der Regierungszentrale gekommen sei. Geheimdienst-Chef Mike McConnell solle nun die undichte Stelle aufspüren.

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