Süddeutsche Zeitung

Vorwürfe gegen Walter Mixa:Des Bischofs steinernes Herz

Walter Mixa hat der katholischen Kirche mit seinen Lügen schwer geschadet. Er tritt nicht zurück - trotzdem hat das Bistum Augsburg keinen Bischof mehr.

Annette Ramelsberger

Es ist keine zwei Wochen her, dass der Augsburger Bischof Walter Mixa sein "reines Herz" beschwor und erklärte, nie habe er Gewalt gegen Kinder ausgeübt, denn, so der Bischof, Gewalt und Priestertum passten nicht zusammen.

Er drohte denen, die sich an solche Gewalt von seiner Hand dennoch sehr deutlich erinnerten, sogar damit, sie vor Gericht zu bringen. Und er warf den ehemaligen Heimkindern dreiste Lügen vor, die ihn bezichtigten, er habe sie einst geprügelt und geohrfeigt. Nun, zwei Wochen später und unter dem Druck seiner eigenen Priester, gibt er zu, dass es schon sein könne, dass er früher mal "die eine oder andere Watschn" verteilt habe.

Bischof Mixa ist ein Mann der Kirche, und er kennt das achte Gebot: "Du sollst nicht falsch Zeugnis geben wider deinen Nächsten." Vulgo: Du sollst nicht lügen. Denn so wie Gewalt und Priestertum nicht zusammenpassen, so wenig passen Lüge und Bischofsamt zusammen. Dass Mixa gelogen hat, ist eindeutig - trotz seiner verschwiemelten Rechtfertigungsversuche, früher hätten doch alle kräftig zugelangt.

Nicht nur Mixa hat nun ein Problem. Der Bischof von Augsburg hat in einer für die Kirche höchst kritischen Situation den größten anzunehmenden Unfall verursacht: Er hat alle Beteuerungen der katholischen Würdenträger Lügen gestraft, von nun an Missbrauchs- und Gewaltvorwürfe offensiv und transparent zu klären.

An seinem Beispiel zeigt sich, wie ungeniert manche Kirchenleute über die ihnen anvertrauten Kinder und das ihnen anvertraute Spendengeld verfügen. Nun redet er seine Missgriffe als "finanztechnisch unklare Zuordnungen von Ausstattungsgegenständen" schön. Diese Rückzugsgefechte sind ärgerlich, seine Erklärungen Zeugnis verbohrter Abgehobenheit. Hier ist einer schon lange nicht mehr von dieser Welt.

Mixas moralisches Urteil über andere fällt oft rigoros aus. Er selber sieht sich als Seelsorger, als Kinderfreund. Sein Wort, der Ausbau von Kinderkrippen degradiere Frauen zu Gebärmaschinen, hat sich ins Gedächtnis eingegraben. Ein Mann wie Mixa muss sich an seinen eigenen Aussagen messen lassen.

Die evangelische Bischöfin Margot Käßmann hat vorgemacht, wie man mit einer Verfehlung umgeht: Sie trat nach einer Trunkenheitsfahrt von ihren Ämtern zurück. Das hat Maßstäbe gesetzt, auch für die Katholiken in Deutschland. Wer so offensichtlich gelogen hat wie Bischof Mixa, wer sich an dem Geld bedient hat, das für Waisenkinder gedacht war, der muss persönlich Konsequenzen ziehen.

Wollten die Bischöfe und der Papst den Schaden für die Kirche begrenzen, müssten sie Mixa umgehend zum Rücktritt drängen. Doch selbst wenn sich Mixa in seinem Amt hält, ändert das nichts daran, dass das Bistum Augsburg keinen Bischof mehr hat.

Da ist nur noch ein Mann im Bischofsornat, aber es fehlt ihm das, was dieses Amt auszeichnen soll: Glaubwürdigkeit, Autorität, Integrität und Würde.

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SZ vom 17.04.2010/liv/aho
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