Vorwürfe gegen Assange:Wikileaks und die "Sex-Falle"

"Ein anderes Kaliber": Nachdem gegen Julian Assange 20 Stunden ein Haftbefehl wegen Vergewaltigung bestanden hat, spricht der Wikileaks-Gründer nun über "schmutzige Tricks" des Pentagon.

Gunnar Herrmann, Stockholm

Ist Wikileaks-Gründer Julian Assange ein Sexualtäter oder Opfer eines Geheimdienstkomplotts? Diese Frage wird weltweit diskutiert, seitdem Schwedens Staatsanwaltschaft am Freitagabend gegen Assange einen Haftbefehl wegen Vergewaltigung erlassen und diesen nach 20 Stunden wieder zurückgezogen hat. Nun steht Assange noch wegen sexueller Belästigung unter Verdacht. Der 39-Jährige leitet die Enthüllungswebseite Wikileaks, die zuletzt mit der Veröffentlichung geheimer Dokumente über den Afghanistan-Krieg Schlagzeilen gemacht hatte.

WIKILEAK ASSANGE SWEDEN

Sexualtäter oder Opfer eines Geheimdienstkomplotts? Wikileaks-Gründer Assange beschuldigt in einem Interview das Pentagon, ihn in eine Sex-Falle gelockt zu haben.

(Foto: AP)

Die Nachricht erschien am Samstagmorgen exklusiv in der schwedischen Boulevardzeitung Expressen. Demnach hatte Assange am vorigen Wochenende Geschlechtsverkehr mit einer Frau in Enköping, etwa 60 Kilometer nordwestlich von Stockholm. Was genau geschah, ist unklar. Die Frau sagte in Interviews, zum Sex sei es anfangs freiwillig gekommen, dann habe Assange "eine Grenze überschritten". Sie sprach mit mehreren Freunden über das Erlebnis. Dabei nahm sie auch Kontakt zu einer Stockholmerin auf, die mit Assange zusammengearbeitet hatte. Diese berichtete, sie sei ebenfalls von ihm sexuell belästigt worden.

Gemeinsam gingen die beiden Frauen am Freitag zur Polizei. Die Staatsanwältin erließ den Haftbefehl, der später von der Chefanklägerin aufgehoben wurde. Das sei nicht ungewöhnlich, erläuterte später eine Behördensprecherin. Aufgabe des diensthabenden Staatsanwaltes sei es, schnell zu reagieren. Später, wenn der Fall genauer geprüft werde, komme man oft zu einer neuen Bewertung.

Im Internet kursieren nun Gerüchte, die Anklage sei Teil einer Verschwörung gegen Wikileaks. Die Webseite hatte sich wegen der Veröffentlichung geheimer Militärpapiere Feinde bei Geheimdiensten, dem Pentagon und dem FBI gemacht. Assange selbst sagte am Sonntag in einem Interview mit der Zeitung Aftonbladet: "Wir wurden gewarnt, dass zum Beispiel das Pentagon schmutzige Tricks anwenden wird, um uns zu zerstören." Insbesondere sei er vor "Sex-Fallen" gewarnt worden. "Ich bin schon vieler Dinge beschuldigt worden. Aber das hier ist ein anderes Kaliber." Eine der Frauen meinte dagegen, nicht das Pentagon sei verantwortlich, "sondern einzig ein Mann mit einem verschrobenen Frauenbild, der kein Nein akzeptieren kann".

Assange wollte zu konkreten Vorwürfen keine Stellung nehmen. Er wisse nicht genau, was ihm zur Last gelegt werde und vom wem, schließlich würden die Klägerinnen nie mit Namen zitiert. Weder Polizei noch Staatsanwalt hätten sich bei ihm gemeldet. Assange befindet sich nach eigenen Angaben nördlich von Stockholm im Haus eines Freundes. Er kündigte an, mit den Behörden Kontakt aufzunehmen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: