Vorwahl in Frankreich:Kür Royal

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Heute stimmen die französischen Sozialisten darüber ab, wer für sie 2007 ins Rennen um die Präsidentschaft geht. Glaubt man den Demoskopen, wird es eine klare Angelegenheit.

Gerd Kröncke

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte werden die Mitglieder der französischen Partei der Sozialisten (PS) heute ihren künftigen Präsidentschaftskandidaten in einer Urwahl bestimmen.

Als Favoritin gilt die frühere Familienministerin Ségolène Royal. Sie ist Abgeordnete in der Nationalversammlung und Vorsitzende des Regionalrates der Region Poitou-Charantes.

Außer ihr bewerben sich der ehemalige Wirtschaftsminister Dominique Strauss-Kahn und Laurent Fabius, der einst der jüngste Premierminister der Fünften Republik war.

In drei Fernsehdebatten und auf drei großen parteiinternen Diskussionsveranstaltungen hatten die drei versucht, ihre Klientel zu überzeugen.

Etwa 220.000 Mitglieder sind abstimmungsberechtigt - fast ein Drittel von ihnen sind Neulinge, die in den letzten Monaten hinzugestoßen waren. Besonders groß war der Zulauf in Paris gewesen, wo sich die Zahl der Mitglieder auf 18.000 verdoppelte.

Aufruf zu "massiver Beteiligung"

Beobachter erwarten, dass sie überwiegend für Ségolène Royal stimmen werden. Der PS-Vorsitzende François Hollande, der auch Lebensgefährte der Kandidatin ist, hat bislang jede Parteinahme verweigert. Stattdessen rief er zu einer "massiven Beteiligung" auf.

Trotz gelegentlicher Ausrutscher verlief der parteiinterne Wahlkampf insgesamt fair. Erst in den letzten Tagen war die Stimmung gereizter geworden. Während einer Veranstaltung mit Sympathisanten hat Ségolène Royal ihre Widersacher als Machos angegriffen.

"Von einem meiner Konkurrenten habe ich mir sagen lassen müssen: 'Wer wird auf die Kinder aufpassen?'" sagte sie vor 2000 Genossen und spielte auf eine angebliche Sottise von Fabius an, die dieser wiederholt dementiert hat. Und der andere habe nach einer Diskussion gesagt, sie wäre besser zu Hause geblieben "anstatt ihre Einkaufszettel vorzulesen".

Während niemand daran zweifelt, dass Ségolène Royal im ersten Wahlgang weit vorn liegen wird, setzen die beiden Männer auf eine mögliche zweite Runde.

Beide geben sich überzeugt, dass sie in einer Stichwahl, die eine Woche später stattfände, gute Chancen hätten und fokussierten ihre Angriffe vor allem auf Royal, die trotzdem die Debatte weitgehend dominierte.

Sie hatte immer wieder die Themen vorgegeben, an denen sich ihre Gegner abarbeiten mussten. Sie wäre, sollte sie die Vorwahl gewinnen, die erste Frau, die ernsthafte Chancen auf das Präsidentenamt hätte.

© SZ vom 16.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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