Vorurteile:An der Bluttat von Kalifornien ist wieder mal der Islam schuld

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Nach dem Attentat von San Bernardino werden Anwohner evakuiert. Schuld am Amoklauf war mal wieder der Islam, zumindest auf Facebook.

(Foto: AFP)
  • Nutzer in den sozialen Netzwerken wollen das Motiv der Täter schon vor der Polizei kennen, nur weil deren Namen muslimisch klingen.
  • Islamophobie ist in den USA verbreitet, manche Präsidentschaftsbewerber bedienen sie bewusst - allen voran Donald Trump.

Von Sacha Batthyany

Sobald in Amerika ein neuer Amoklauf gemeldet wird, beginnen die Vergleiche zu früheren Gemetzeln. Es ist wie in der Schule in Newton, sagen die einen, wie im Kino in Aurora, sagen die anderen, oder doch ein weiterer Anschlag wie in der Kirche von Charleston? Jedes Täterprofil hat seine Schublade, die jungen Waffennarren hier, die weißen Rassisten da - als die Polizei am Mittwochabend die Namen der Täter von San Bernardino bekannt gab, wurde in den sozialen Medien eine neue Schublade geöffnet. Die Personalakte des mutmaßlichen Täters Syed Rizwan Farook wurde ausgegraben und tausendfach geteilt, Hetzer verbreiteten muslimfeindliche Kommentare, und plötzlich wurde San Bernardino mit Paris verglichen, mit dem islamistischen Terroranschlag vom 13. November. Dafür reichte offenbar der fremdländische Klang zweier Namen, Syed Farook und Tashfeen Malik, dabei ist das Motiv des Paares noch ungeklärt.

Die einen wollen Moscheen schließen, die anderen keine Muslime ins Land lassen

Die Islamophobie in Amerika hat eine lange Tradition, schrieb der Journalist Mehdi Hasan in der Washington Post vor einer Woche, als San Bernardino nichts anderes war als eine dieser anonymen Vorstädte. Nach den Terroranschlägen auf das World Trade Center in New York sei die Feindlichkeit den amerikanischen Muslimen gegenüber sprunghaft gestiegen, "was ich ja noch verstehe", so Hasan, obwohl sich George W. Bush um Mäßigung bemüht habe. "Was aber jetzt geschieht, ist ohne Vergleich. Langsam beginne ich, Bush zu vermissen."

Seit dem Attentat in Paris überbieten sich die Präsidentschaftsanwärter der Republikaner mit islamophoben Bemerkungen und befeuern die Ängste und Vorurteile in der Bevölkerung. Donald Trump meinte sich plötzlich erinnern zu können, wie er eine Gruppe von mehr als tausend Muslimen nach 9/11 in New Jersey feiern sah, obwohl es keine Beweise gibt. "Einige Moscheen sollten geschlossen werden", so Trump, der in allen Umfragen führt und dessen Nominierung zum Kandidaten der Republikaner immer realistischer wird.

Die Diskussion um syrische Flüchtlinge könnte beeinflusst werden

Dass es sich bei den Attentätern um Muslime handelt, dürfte auch die Diskussion über die Aufnahme syrischer Flüchtlinge beeinflussen, obwohl die jüngste Tat mit dem Bürgerkrieg wohl nichts tun hat. Der Republikaner Ben Carson bezeichnete schon vor Wochen einige der Flüchtlinge als "tollwütige Hunde", Mitbewerber Jeb Bush meinte, man solle Christen bevorzugt behandeln, während Marco Rubio nicht nur die Schließung von Moscheen forderte, sondern auch von muslimischen Cafés, weil es sich um "Zellen" handele, in denen antiamerikanisches Gedankengut ausgetauscht werde.

Die Islamophobie wird also steigen, falsche Behauptungen werden als Gewissheiten verkauft, nur auf die Waffengesetze haben die vielen Toten von San Bernardino, die Verwundeten und Traumatisierten wahrscheinlich keinen Einfluss. Gut möglich auch, dass einer der Anwärter auf das Präsidentschaftsamt die Meinung vertreten wird, die Gebäude und den öffentlichen Raum zusätzlich zu sichern. "Mehr Waffen bringen mehr Sicherheit", sagte Donald Trump auf einer Pressekonferenz nach dem Schulmassaker in Oregon im Oktober. "Ich trage auch eine Waffe", fügte er hinzu, formte seine Finger zu einer Pistole und drückte ab. Die Zuschauer johlten.

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