Bundeswehr-Kommission:Rüstungsexporte leichtgemacht

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Die Rüstungsindustrie kämpft mit ihrem schlechten Ruf und Kürzungen im Wehretat. Sie will enger mit der Politik zusammenarbeiten. Die Strukturkommission der Bundeswehr empfiehlt außerdem gelockerte Regeln für Waffenlieferungen ins Ausland.

Peter Blechschmidt

Die deutsche Rüstungsindustrie hat schon bessere Zeiten erlebt. Ihr Image ist schlecht, weil viele ihrer Produkte zu spät oder mängelbehaftet bei ihrem Hauptkunden, der Bundeswehr, ankommen. Im Wehretat drohen drastische Kürzungen, was nicht ohne Auswirkungen auf die Beschaffung neuen Geräts bleiben kann.

Deutscher Exportschlager: Der Kampfpanzer Leopard 2. (Foto: ddp)

In Karl-Theodor zu Guttenberg steht ein neuer Mann an der Spitze des Verteidigungsministeriums, der vorsorglich schon mal deutlich gemacht hat, dass Industrie-Interessen bei ihm nicht oberste Priorität haben. In dieser Situation plädiert einer der führenden Repräsentanten der Rüstungswirtschaft, Airbus-Chef Thomas Enders, für eine neue Partnerschaft zwischen Wirtschaft und Politik.

In einem nächste Woche erscheinenden Beitrag für die Gneisenau-Blätter, der internen Publikation der Offiziersschule der Luftwaffe, fordert Enders, Schluss zu machen "mit unrealistischen Anforderungen, mit überzogenen Versprechungen und mit der Vertagung von Problemen in die Zukunft". Kooperation gelinge nur, "wenn wir realistisch und ehrlich zueinander sind".

"Gerade bei klammen Verteidigungsetats können wir es uns nicht leisten, die jeweils andere Seite zu überfordern", schreibt Enders. In Zukunft müssten Risiken mit Augenmaß gleichmäßig verteilt und gemeinsame Projekte so aufgelegt werden, "dass sie für beide Seiten von Nutzen sind".

Enders weiß, wovon er redet. Gerade erst haben sich Airbus und die Muttergesellschaft EADS mit den sieben Besteller-Nationen auf neue Regeln für die Beschaffung des Militär-Airbus A400M geeinigt. Das Milliardenprojekt, das mittlerweile gut vier Jahre in Verzug ist, dürfte Airbus noch lange Zeit rote Zahlen bescheren.

Umgekehrt haben die sieben Staaten Mehrkosten von rund 2,5 Milliarden Euro akzeptiert. Deutschland und Großbritannien erbringen ihren Anteil dadurch, dass sie zum ursprünglich vereinbarten Preis nur 53 statt 60 (Deutschland) beziehungsweise 22 statt 25 (Großbritannien) Maschinen erhalten.

Auch der vor einem Jahr gegründete Verband der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie vernimmt die Botschaft der Stunde. Er mahnte dieser Tage, neben verstärkter internationaler Kooperation bedürfe es "nationaler Entwicklungsvorhaben", damit die deutsche Industrie "im internationalen Maßstab weiter existieren kann". Dazu sei eine "Entwicklungspartnerschaft" zwischen Bundeswehr und Wirtschaft notwendig.

So schlecht, wie das öffentliche Wehklagen vermuten lässt, stehen die Chancen für die Industrie allerdings gar nicht. Die Strukturkommission der Bundeswehr unter Vorsitz des Chefs der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, betont in ihrem kürzlich vorgelegten Bericht die Bedeutung einer leistungsfähigen Rüstungsindustrie. "Der Erhalt des Know-how und der Stärken dieses Bereichs bedarf besonderer Aufmerksamkeit und sollte gefördert werden", heißt es in dem Bericht der Kommission.

Besonders ein Vorschlag wird von der Industrie freudig aufgegriffen. Weil die Beschaffungen der Bundeswehr künftig die Kapazitäten der Produzenten noch weniger auslasten dürften als bisher, sollte die Industrie beim Export "wirksam unterstützt" werden "durch Verzicht auf deutsche Sonderlösungen".

Die von der Industrie als besonders restriktiv empfundenen Rüstungsexportrichtlinien sollten "an europäische Standards" angeglichen werden. Aus dem Verteidigungsministerium ist zu hören, dass dieser Gedanke bei Guttenberg nicht auf taube Ohren stößt.

Gerade dies sieht die Opposition allerdings skeptisch. Bei der Entscheidung über Rüstungsexporte müssten sicherheitspolitische Überlegungen den Vorrang behalten vor den Interessen der Industrie, sagt der Haushalts- und Wehrexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Alexander Bonde. Aber auch für die Bundeswehr müsse der Primat der Politik gelten, und das bedeute, es dürfe nur angeschafft werden, was die Streitkräfte wirklich benötigen, und nicht, was die Industrie verkaufen wolle.

Auch der Grüne hält allerdings eine vernünftige Zusammenarbeit mit der Rüstungswirtschaft für notwendig. Für Thomas Enders von Airbus bedeutet das ein "nüchternes Verständnis über gemeinsame Interessen, aber auch Divergenzen".

© SZ vom 10.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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