Vorratsdatenspeicherung:Union keilt gegen FDP-Ministerin

Leutheusser-Schnarrenbergers Pläne zur Datenspeicherung sorgen für einen "veritablen Konflikt" in der schwarz-gelben Koalition.

Susanne Höll

Union und FDP steuern beim Thema innere Sicherheit auf einen neuen, schweren Koalitionskonflikt zu. Führende Politiker von CDU und CSU lehnten am Montag den Vorschlag von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zur Neuregelung der Datenspeicherung strikt ab. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) meldete Widerstand an.

Koalitionsverhandlungen in Berlin - Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Im Kreuzfeuer der Kritik: Sabine Leutheusser-Schnarrenbergers Pläne zur Vorratsdatenspeicherung stoßen beim Koalitionspartner auf Unmut.

(Foto: dpa)

Kern des Disputs sind die Eckpunkte Leutheussers zur Aufzeichnung von Telekommunikationsdaten bei der Strafverfolgung. Sie lehnt eine Speicherung sämtlicher Daten ohne konkreten Anlass ab und will den Strafverfolgern stattdessen erlauben, bei hinreichendem Verdacht Daten bei den Telekommunikationsanbietern einzufrieren (Quick Freeze), die dann von den Ermittlern genutzt werden dürfen. Internet-Daten will sie sieben Tage aufbewahren lassen. Dies geht CDU und CSU nicht weit genug. Sie fordern längere Speicherungsfristen mit der Begründung, sonst blieben viele Straftaten ungesühnt. Vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg am 27. März, bei der die schwarz-gelbe Landesregierung um ihren Fortbestand und die FDP um ihren Verbleib im Landtag bangen muss, wird es nach Ansicht aus Koalitionskreisen keine Annäherung geben.

De Maizière ließ über Ministeriumssprecher Stefan Paris mitteilen, der Vorschlag der Ministerin greife zu kurz. "Wir sind in der Sache nicht so ganz begeistert", fügte Paris hinzu. Er monierte, dass die Vorschläge hinter der geltenden EU-Richtlinie zurückblieben und die Strafverfolgung von den Speicherfristen der Telekommunikationsunternehmen abhängig mache. Die Firmen hätten unterschiedliche Speicherfristen, ein Gesetz müsse eine Mindestspeicherzeit vorschreiben. De Maizière hatte sich zuletzt kompromissbereit gezeigt und gesagt, Deutschland müsse nicht vollen Gebrauch von der sechsmonatigen Speicherfrist machen, die die EU verlangt. Die Fachpolitiker der Union zeigten sich höchst unzufrieden mit den Eckpunkten. Der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Wolfgang Bosbach (CDU), sprach von einem "veritablen Konflikt" mit der FDP und sagte der Süddeutschen Zeitung: "Diesen Konflikt muss die Bundesregierung entscheiden". Der Innenexperte der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), sagte, Leutheussers Vorschläge hätten "keinerlei Chance" auf Umsetzung. De Maizière müsse seine Vorstellungen "mit allem Nachdruck" vorbringen. Leutheusser hat nach Angaben aus FDP-Kreisen die Unterstützung ihrer Bundestagsfraktion und auch die von Parteichef Guido Westerwelle. Der Streit wird auch Thema im Koalitionsausschuss am Donnerstag.

Auch die Innenminister der Länder lehnten Leutheussers Konzept ab. "Das von der Bundesjustizministerin ins Spiel gebrachte Quick Freeze-Verfahren hilft im Kampf gegen Kinderpornografie und organisierte Kriminalität nicht weiter", sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Hessens Minister Boris Rhein (CDU), der SZ. Die Ministerin solle die europäischen Vorgaben umsetzen statt "kostbare Aufklärungszeit verstreichen zu lassen um ungeeignete Vorschläge zu unterbreiten".

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